Wer es einmal probiert hat, weiß: Der Wald tut Körper und Seele gut. Wald mit Kindern ist noch heilsamer und zwar für die ganze Familie. In Zeiten von Tablet, Maskenpflicht & Co. brauchen das unsere Kinder sogar unbedingt. Aber wie können sie davon wirklich profitieren?
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Voraussichtliche Lesedauer: 14 Minuten
Wald mit Kindern – warum eigentlich?
Der technische Fortschritt und auch die Corona-Pandemie haben nicht unbedingt zu einer gesunden Lebensführung beigetragen. Unsere Kinder stehen in den Pausen teilweise auf asphaltierten Schulhöfen, in denen es noch lauter ist als im Klassenzimmer selbst. Die Freizeit wird meist vor dem Tablet, PC oder Fernseher verbracht. Und durch die ständige Maskenpflicht während des Unterrichts kommt auch noch hier die frische Luft zu kurz. Die Folge: Übergewicht, Bewegungsmangel, vermehrt ADHS, Teilleistungsschwächen und eine seelische Unausgeglichenheit.
Abhilfe kann nur die Natur schaffen! Raus aus dem Wohnzimmer und ab in den nächsten Wald mit den Kindern. Das hört sich einfach an, ist es aber oft nicht. Spaziert man nur schnurstracks einen Waldweg entlang, dann wird das den Nachwuchs nicht begeistern. Ausflüge in den Wald müssen schon lustig sein, damit sich die Kids freiwillig vom Tablet oder dem Handy lösen und dann auch nicht nach 5 Minuten wieder nachhause wollen.
Außerdem will das Waldbaden mit Kindern gelernt sein, damit es auch wirklich seine Wirkung zeigt. Am besten man schult dabei wirklich alle Sinne! Das können die meisten Kids – und übrigens auch wir Erwachsene – nämlich gar nicht mehr.
Wald mit Kindern mit allen Sinnen erforschen
Wie kann man die Sinneswahrnehmung mit Kindern in der Natur gezielt fördern?
#1 Der richtige Wald
Kinder brauchen das Zauberhafte, das Ungewöhnliche, das Geheimnisvolle. Künstlich angelegte Parks und Spielflächen bieten all das einfach nicht. Nur in einem natürlichen Wald gibt es genug zu entdecken und nur hier können wir aufatmen und auftanken. Hier hängen Flechten von den Bäumen. Hier finden Kinder Waldbeeren, Pilze und viele natürliche Nischen und Wurzeln zum Verstecken und Spielen. Nur in so einem ursprünglichen Wald kann man – wenn man sich sehr rücksichtsvoll verhält – auch noch Waldtiere entdecken. Leider sind solche Wälder nicht mehr an jeder Ecke zu finden, aber irgendwo in eurer Nähe ist bestimmt noch ein zauberhaftes Wäldchen, das ihr aufsuchen könnt.
#2 Wald mit Kindern: Der Tastsinn
Der Tastsinn unserer Kinder ist durch das Verwenden von Videodisplays stark verkümmert, denn hier werden vor allem optische und akustische Reize gesendet. Beschäftigt man sich wieder mit einzelnen Sinnen, werden Nervenzellen und Synapsen wieder aufgebaut und das macht schlau!
Im Wald gibt es viele Möglichkeiten seinen Tastsinn zu trainieren. Weiches Moos, Holz, Gras, Blätter – alles darf und soll ertastet werden. Besonders gesund ist ein Waldspaziergang ohne Schuhe. Im Wald muss sich der Fuß auf verschiedene natürliche Untergründe einstellen und so wird die kurze Fußmuskulatur trainiert. In Schuhen oder barfuß auf Asphalt oder anderen Böden passiert das nie!
Tipp: Kinder mit verschlossenen oder verbundenen Augen Gegenstände aus dem Wald ertasten und erraten lassen – Moos, Blätter, Zapfen, Ästchen usw.! Das macht den Spaziergang kurzweilig und mit geschlossenen Augen wird der Tastsinn besonders gut trainiert.
#3 Wald mit Kindern: Essen und Schmecken
Mit etwas Grundwissen oder einem guten Pflanzenführer findet man im Wald allerhand Essbares oder sogar Heilsames. Im Frühling kann man z.B. auf die Suche nach „Maiwipferl“ (die jungen Triebe von Fichten und Tannen) gehen und dann zuhause einen Hustensaft daraus zubereiten. Wenn man selbst etwas von Anfang bis Ende selbst zubereiten bzw. suchen kann, ist das ein richtiges Abenteuer für Kinder und alles schmeckt garantiert zehnmal so gut.
Im Spätsommer und Herbst kann so ein Waldspaziergang zu einem ganz tollen kulinarischen Ausflug werden. Am Waldrand findet man essbare Beeren und Früchte. Diese Wildfrüchte enthalten besonders viele Vitamine und Antioxidantien. Und sind ganz nebenbei einfach köstlich. Der Geschmack von Walderdbeeren oder Brombeeren ist mit nichts zu vergleichen. Das ziehen die Kids dann garantiert sogar Schokoriegeln vor.
#4 Den Wald riechen
Die erwähnten Walderdbeeren betören schon durch ihren Duft. Aber man kann den Geruchssinn im Wald noch auf viele andere Arten trainieren.
Tipp: Dreimal tief Luft holen und dann mit verbundenen Augen (mit Hilfe) einen Baum riechen. Von der Wurzel über den Stamm bis zu den Blättern. Ein Baum verbreitet viele verschiedene Düfte. Und jede Baumart riecht anders. Wenn man auch den Tastsinn einsetzen darf, kann man sogar ein Bäumeraten daraus machen. Wieder eine spannende Aufgabe für kleine Waldforscher.
Die Gerüche im Wald sind einfach sanfter und vor allem nicht synthetisch – dadurch wird der kindliche Geruchssinn wieder sensibilisiert. Unser Geruchsinn ist heute nämlich von den vielen synthetischen Duftstoffen gestört. Die gute Nachricht: Auch das können wir uns wieder antrainieren z.B. mit einem Schnüffelspiel. Hunde schnüffeln – atmen also schnell aus und ein – so riechen sie besser. Das können auch wir nutzen.
Tipp: An einer Blume ganz normal riechen und dann so richtig daran „schnüffeln“! Wie riecht man besser?
#5 Wald mit Kindern: Hören
Stell dir vor es ist windstill und du bist in einem Wald – weit weg von jeglicher Straße oder einer Stadt! Das ist eine magische Stille, eine majestätische Ruhe, eine tiefe Zufriedenheit.
Hat man diese „Grundstille“ hört man plötzlich wieder Geräusche, die man in unserer hektischen Welt sonst einfach nicht mehr wahrnimmt. Das Rascheln von Laub oder Vogelgezwitscher! Vögel zu belauschen ist natürlich nur längerfristig toll, wenn man die Vögel auch bestimmen kann. Mittlerweile gibt es sogar Apps, die die Vogelarten anhand ihres Gezwitschers identifizieren können. Was für ein Sieg, wenn man diese App dann nicht mehr braucht. (Wald wirkt nämlich natürlich nur, wenn man nicht erst recht wieder seine technischen Gerätschaften mit sich herumschleppt und ständig auf den Bildschirm glotzt.)
Sinne im Wald trainieren in 5 Tagen
Wie beschrieben – unsere Sinne sind heutzutage meist etwas verkümmert. Mit diesem 5-Tagesprogramm kann man seine Sinne wieder neu kennenlernen. Dieses Training kann man wunderbar im Wald mit Kindern durchführen.
1. Tag Sehsinn
An diesem Tag sucht man sich gemeinsam mit dem Kind ein schönes Plätzchen in einem nahegelegenen Wald. Man setzt sich in aller Ruhe hin und beobachtet für ca. 30 Minuten diesen Ort. Zuhause kann man alle Beobachtungen in einem „Waldtagebuch“ notieren.
2. Tag Tastsinn
Man verbindet dem Kind die Augen und führt es schon mit verbundenen Augen zu dem ausgewählten Ort im Wald – so kann es schon am Weg versuchen so manches zu ertasten. Dort bleibt man wieder eine bestimmte Zeit sitzen und das Kind erfühlt seine nähere Umgebung. Wieder zurück zuhause unbedingt sofort notieren, was man ertastet hat.
3. Tag Hörsinn
Der Ablauf ist wie am Tag 2 – die Augen sind schon am Hinweg verbunden. Heute wird aber nicht getastet, sondern nur gehört. Das Rascheln meiner Füße am Boden, das Knacken von Ästchen, Tiergeräusche, der Wind, usw.! Zuhause wieder Notizen machen.
4. Tag Geruchssinn
Wie an den letzten beiden Tagen mit verschlossenen Augen zum ausgewählten Platz führen. Heute konzentrieren wir uns auf Gerüche und Düfte. Man kann an seinem Waldplatz Gräser, Blätter, etc. in die Hand nehmen und ganz genau „erschnuppern“! Notizen danach nicht vergessen.
5. Tag Alle Sinne öffnen
Wieder führt man das Kind mit verschlossenen Augen zum Waldplatz, setzt es auf den selben Platz wie in den letzten 4 Tagen und nimmt dann das Tuch ab. Das Kind soll versuchen im selben Moment Augen, Ohren, Nase und Tastsinn „einzuschalten“! Alle Eindrücke und Sinneswahrnehmungen sind nun gleichzeitig und besonders stark präsent. Zuhause das Erlebte wieder notieren.
Das Notizbuch zu diesem Experiment kann man aufbewahren und immer wieder durchblättern und bei Bedarf Teile wiederholen – besonders wenn es im Leben etwas ruckelt und man dringend wieder den Kontakt zur Natur finden muss.
Waldeskind: Die Bedeutung von Wald und Natur für die Entwicklung unserer Kinder
All diese Tipps stammen aus diesem inspirierenden Buch von Maximilian Moser. Leseempfehlung für alle Eltern, die ihre Kinder viel öfter von ihren Bildschirmen losreißen möchten oder die bemerken, dass ihre Kinder langsam aber sicher den Kontakt zur Natur brauchen. (Tut uns ja auch selbst sehr gut.)
Im Buch findet man viele weitere Ideen und Tipps, Listen für die perfekte Outdoorausrüstung, die Auswirkungen vom Wald auf unsere körperliche und seelische Gesundheit, ADHS und Wald, uvm.!
Also – Buch bestellen und ab in den Wald!
Obwohl wir hier direkt neben einem herrlichen Wald leben, muss auch ich meine Kinder immer mal wieder „anstupsen“ raus zu gehen. Manchmal braucht es dazu eben Aufgabenstellungen, Spiele und kleine Mama-Tricks – und auch wenn das Gemurre anfangs manchmal groß ist, im Nachhinein war es für alle Beteiligten immer wieder „genial“ und ein Genuss. Und besser drauf ist der liebe Nachwuchs nach ein paar Stündchen Wald so und so und das ist gleich die nächste Wohltat für uns Eltern!
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