Das Umfeld im Klassenzimmer spielt eine wichtige Rolle bei der Förderung der Selbstregulierung von Schülerinnen und Schülern – insbesondere (aber nicht nur!) bei Kindern mit ADHS. Speziell die Qualität der Interaktionen zwischen Lehrpersonen und Schüler:innen im Klassenzimmer ist wichtig. Was ist guter Unterricht und wie profitieren die Schülerinnen und Schüler davon?
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Voraussichtliche Lesedauer: 13 Minuten
Inhaltsverzeichnis
- Was ist Selbstregulation und warum ist sie wichtig?
- Selbstregulierung – eine Sache von einzelnen oder von allen?
- Was ist guter Unterricht?
- Die Auswirkung auf die Selbstregulation
- Besonders wichtig bei ADHS
- Die Studie
- Mehr zum Thema ADHS
- Mehr zum Thema Schule & Lernen
- Noch mehr zum Thema Probleme in der Schule
- Eltern & Schule
Was ist Selbstregulation und warum ist sie wichtig?
Selbstregulation bezieht sich auf die Fähigkeit einer Person, ihre eigenen Gedanken, Gefühle und Handlungen in verschiedenen Situationen effektiv und flexibel zu steuern. Auf diese Weise hilft sie dem Einzelnen, so zu denken, zu fühlen und zu handeln, wie es der Situation angemessen und für die Zielerreichung förderlich ist.
Die Selbstregulation ist eng mit der Selbstkontrolle verbunden. Die Selbstkontrolle ist jedoch auf Situationen beschränkt, die eine Konfliktlösung zwischen unmittelbar lohnenden und dauerhaft wertvollen Zielen erfordern. Selbstregulation braucht so einen Konflikt nicht.
Unterschiede in der Selbstregulierung wurden immer wieder mit Unterschieden in der Leistung in sozialen, akademischen, beruflichen und persönlichen Bereichen in Verbindung gebracht. Besonders im Klassenzimmer ist die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit zu fokussieren, präpotente und damit impulsive Reaktionen zu kontrollieren, motorische Aktivitäten zu regulieren und damit Verhaltensstandards und -normen einzuhalten, besonders relevant.
Die Forschung hat gezeigt, dass diese Fähigkeiten für den akademischen Erfolg entscheidend sind und dass Schülerinnen und Schüler mit besserer Selbstregulation bessere Noten erzielen sowie bei standardisierten akademischen Leistungstests besser abschneiden. So wurden Schwierigkeiten bei der Selbstregulierung, die auch Symptome einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) sind, mit schlechteren schulischen Leistungen und einem erhöhten Risiko für schulisches Versagen in Verbindung gebracht.
Selbstregulierung ist also eine bereichsübergreifende Fähigkeit, die für den Erfolg in verschiedenen Kontexten, einschließlich des schulischen, entscheidend ist.
Selbstregulierung – eine Sache von einzelnen oder von allen?
Die bisherige Forschung hat sich in erster Linie auf die Unterschiede in der Selbstregulierung und deren täglichen Schwankungen von Schülerinnen und Schülern konzentriert. Die vorherrschende Meinung war, dass Selbstregulation eine relativ stabile und vor allem persönliche Fähigkeit ist. Zusammenhänge zwischen diesen Schwankungen in der Selbstregulation und der Qualität der Interaktionen im Klassenzimmer von Unterrichtsstunde zu Unterrichtsstunde wurden bisher nicht untersucht.
Eine Studie des DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation, die im Fachjournal „Learning and Instruction“ vorgestellt wurde, hat diesen Zusammenhang nun erstmals beleuchtet. Zusammenhänge sowohl zwischen den Personen als auch innerhalb der einzelnen Personen wurden berücksichtigt.
Was ist guter Unterricht?
Guter Unterricht zeichnet sich dadurch aus, dass die Lehrkraft die Klasse ohne Störungen durch die Stunde führt, die Schüler:innen zum Nachdenken anregt, sich für sie interessiert und sie individuell unterstützt.
Die drei Grunddimensionen der Unterrichtsqualität sind:
- Förderung von Schülerinnen und Schülern
- Klassenführung und
- kognitive Aktivierung.
Konstruktive Unterstützung von Schüler:innen und Schülern
Die Förderung der Schülerinnen und Schüler zeigt sich in der sozialen Interaktionen zwischen der Lehrkraft und den Schüler:innen im Klassenzimmer. Die Qualität wird dabei durch Interaktionen und Beziehungen bestimmt, die von gegenseitigem Respekt, Interesse und Unterstützung geprägt sind und zu einem Gefühl der Verbundenheit zwischen Lehrpersonen und Schüler:innen führen. Dies fördert eine positive Schulerfahrung. Außerdem werden individuelle Lernbedürfnisse und Interessen der Schülerinnen und Schüler anerkannt, indem eine Vielzahl von Aufgaben und Wahlmöglichkeiten angeboten werden.
Effektive Klassenführung
Ein effektives Klassenraummanagement beinhaltet Maßnahmen zur Verringerung von Lernunterbrechungen und zur Förderung der maximalen Nutzung der Unterrichtszeit. Das beinhaltet, dass die Lehrkräfte positives Verhalten fördern und unerwünschtes Verhalten minimieren. Lehrer, die ihre Klassenräume proaktiv und subtil verwalten, sind quasi externe Regulator:innen des Verhaltens, der Zeit und der Aufmerksamkeit ihrer Schüler:innen.
Kognitive Aktivierung
Kognitive Aktivierung bezieht sich auf die proaktive Interaktion mit dem Lernmaterial. Aufgaben und Unterrichtsgespräche, die einen Bezug zur Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler haben, ihr Vorwissen aktivieren und sie entsprechend ihren Fähigkeiten fordern, wecken das Interesse der Schülerinnen und Schüler. Negative Emotionen wie Langeweile und Hilflosigkeit können reduziert werden. Dadurch fällt es den Schüler:innen leichter, sich zu konzentrieren und sich erwartungsgemäß zu verhalten.
Die Auswirkung auf die Selbstregulation
Die neue Studie zeigt: Schüler:innen können sich in Unterrichtsstunden, die in ihren Augen besonders gut umgesetzt werden, besser selbst regulieren. Je besser eine Lehrkraft unterrichtet, umso besser können die Schüler:innen dem Unterricht aufmerksam folgen, mitarbeiten und die Klassenregeln einhalten. Entsprechend lernen sie auch besser.
Dabei wurde deutlich, dass sich die Unterrichtsqualität nicht nur insgesamt, sondern auch in jeder einzelnen Unterrichtsstunde auf die Selbstregulierung auswirkt:
„Wenn Lehrkräfte in einer Unterrichtsstunde die Klassenführung und die konstruktive Unterstützung besonders gut umsetzen, können die Schülerinnen ihr Verhalten besser regulieren. Klappt es mit diesen beiden Merkmalen guten Unterrichts in einer Stunde nicht so gut, berichteten die Schülerinnen auch, dass sie sich nicht so gut konzentrieren und mitarbeiten konnten.“
Dr. Friederike Blume, DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation
Die kognitive Aktivierung als drittes Merkmal guten Unterrichts sei hingegen für die Selbstregulation kaum relevant gewesen.
Besonders wichtig bei ADHS
Besonders wichtig ist daher die persönliche Beziehung zwischen Lehrkraft und Schüler:in. Dies gilt insbesondere bei Schüler:innen, die etwa aufgrund einer Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung (ADHS) Probleme haben, sich selbst zu regulieren.
„Vielen Lehrkräften fällt es nicht so leicht, eine positive Beziehung mit Kindern mit einer ADHS-Symptomatik aufzubauen. Unsere Studie zeigt aber: Gerade in Stunden, in denen Kinder mit Schwierigkeiten in der Selbstregulation sich gezielt von ihrer Lehrkraft unterstützt fühlten, berichteten sie häufiger, dass sie sich besser konzentrieren und die Klassenregeln einhalten konnten. Diesen Kindern im Unterricht positiv zu begegnen und sich ehrlich für sie zu interessieren, lohnt sich also, denn es kann die Lehrkräfte langfristig entlasten und mehr Ruhe in die Klasse bringen.“
Dr. Friederike Blume, DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation
Den Lehrerinnen empfiehlt die DIPF-Forscherin zudem, sich von ihren Schülerinnen von Zeit zu Zeit Rückmeldungen zu ihrem Unterricht einzuholen. Dies sei zwar für viele noch ein Tabu, könne aber wertvolle Hinweise dafür liefern, wie sie ihren Unterricht besser auf die Bedürfnisse einzelner Schüler:innen abstimmen können.
Die Studie
An der Studie haben insgesamt 64 Schüler:innen im Alter von 11 bis 13 Jahren teilgenommen. Zu Beginn füllten die Kinder einen Fragebogen zu allgemeinen Informationen wie Klassenstufe und Schulform aus und machten Angaben darüber, wie sie ihre selbstregulatorischen Fähigkeiten einschätzen. In den drei darauffolgenden Schulwochen beantworteten die Kinder täglich Fragen zur letzten Unterrichtsstunde – sie führten Tagebuch. In diesen Fragen ging es um die Unterrichtsqualität (z. B. Unterstützung durch die Lehrkraft, Unterrichtsstörungen, Anregen zum Nachdenken), sowie um ihre Fähigkeit, sich in dieser Stunde selbst zu regulieren (z. B. Aufmerksamkeit, Impulskontrolle).
Quelle: Blume, F., Schmiedek, F. (2024). It counts in every single lesson: Between- and within-person associations of teaching quality and student self-regulation. Learning and Instruction, 92, 101908, https://doi.org/10.1016/j.learninstruc.2024.101908
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