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Family Couchsurfing: Unterwegs auf fremden Sofas – Ein Erfahrungsbericht

couchsurfingWir, Mutter, Vater und zwei Jungs im Alter von 7 und 4 Jahren, sind aktive Family-Couchsurfer. Denn das, was irgendwie nach alternativen, allein reisenden Rucksacktouristen klingt, funktioniert auch wunderbar für Familien. Seit drei Jahren beherbergen wir regelmäßig und kostenlos unterschiedlichste Leute jeweils für ein paar Tage – interkultureller Austausch inklusive. Und auch wir waren schon mehrmals zu viert als „Surfer“ unterwegs. Couchsurfing ist ein Gratis-Ticket, um die Welt zu entdecken – sowohl unterwegs wie auch von der eigenen Couch aus.


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Wie alles begann …
2010 musste ich relativ kurzfristig und alleine für ein verlängertes Wochenende nach Italien reisen. Auf der Suche nach einem möglichst sparsamen Aufenthalt empfahl mir ein Arbeitskollege Couchsurfing. Neugier und Abenteuerlust haben mich gepackt, letztendlich aber versagte der Mut und ich landete im Hotel.

Aber das erstellte Profil auf Couchsurfing.org blieb – wenn auch ungenutzt. Schließlich war da nach wie vor das hartnäckige Vorurteil: Couchsurfing, das ist doch primär was für junge Alleinreisende – ich bin zu alt, wir sind zu viele, Pech gehabt, zu spät entdeckt. Langsam reifte aber der Entschluss: Wenn wir schon nicht reisen können, so könnten wir uns stattdessen durch das Anbieten einer „Couch“ die Welt ins Haus holen. Platz ist in der kleinsten Hütte: Wir haben in unserem Haus ein Spielzimmer mit separatem Bad – perfekt für Gäste, warum also nicht auch für Couchsurfer? Der Mann musste freilich noch überzeugt werden …

Bald nachdem unser Profil den Status „Couch verfügbar“ verpasst bekam, trudelten die ersten Anfragen ein. Unsere Nähe zu einer stark nachgefragten Stadt ist ein perfektes Argument, außerdem unser Angebot eines separaten Raumes mit Bad. Unsere ersten Surfer war ein Paar aus Estland im vergleichbaren Alter. Es dämmerte: Sind wir etwa doch nicht zu alt für Couchsurfing? Für beide Seiten war es „das erste Mal“. Dieses erste Erlebnis war ein ausgesprochen positives – auch wenn die Esten wirklich Pech mit dem hiesigen Schnürlregen hatten. Wir hatten jedenfalls „Blut geleckt“.

Als Familie unterwegs auf fremden Sofas

Als schließlich auch eine 5-köpfige Familie um Unterkunft anfragte, stieß ich auf die Family Welcome Group, eine aktive Gruppe innerhalb von Couchsurfing mit über 13.000 Mitgliedern aus der ganzen Welt. Hier werden Couches – meist sind es wie bei uns komplette Räume mit komfortablen Betten, manchmal sogar ganze Einliegerwohnungen – von Familien für Familien angeboten. Das ermutigte uns bald zu unserer ersten aktiven Erfahrung: Wir besuchten einen Freizeitpark und übernachteten statt im teuren Hotel bei einer entzückenden jungen Familie ganz in der Nähe. Ein umtriebiger Spielgefährte im ähnlichen Alter unserer Jungs und jede Menge Spielzeug ermöglichten nette Abende für die Erwachsenen. Seither waren wir immer wieder mal als Surfer unterwegs: Mit einer Schweizer Familie verbrachten wir Silvester auf einer urigen Hütte in den Schweizer Bergen – ganz ohne Strom, dafür mit Plumpsklo. Im Sommer 2011 reisten wir nach Frankreich und legten  unterwegs Zwischenstopps bei Familien in der Schweiz und in Deutschland ein. Letztes Jahr erweiterten wir unseren Haustausch in Finnland durch einen 4-tägigen Ausflug nach Estland und Lettland jeweils bei Couchsurfern. Dieses Jahr geht es wieder in den Norden zum Haustausch nach Großbritannien. Und weil lange Autofahrten bei den Kindern nicht besonders gut ankommen, ist der Zwischenstopp bei einer Couchsurfing-Familie schon „gebucht“.

Die Welt zu Gast bei uns Zuhause

Überwiegend stehen wir aber als Gastgeber zur Verfügung. In den letzten drei Jahren besuchten uns zahlreiche Surfer unterschiedlichsten Zuschnitts – allein reisende Frauen, Studierende, bis zu 5-köpfige Familien (einmal sogar inklusive Oma!), alleinerziehende Mütter mit Kind und auch ältere Paare über 50 – aus der ganzen Welt: Australien, Asien, USA, Südamerika, Europa. Unsere jüngste Couchsurferin war sieben Monate alt.  Auch hatten wir schon Paare (älteren Semesters!) hier, die sich über Couchsurfing kennen und lieben gelernt haben – obwohl jeder neue Couchsurfer bei der Anmeldung bestätigen muss, dass Couchsurfing nicht als Dating-Plattform missverstanden wird. Die Studenten verursachten bei mir allerdings anfangs ordentliches Bauchweh – was, wenn ich mir hier eine Party-Mannschaft ins Haus einlade? Wie sollen meine Kinder je ein Auge zutun? Aber ich habe es nicht bereut. Seither hatten wir schon mehrere Studentengruppen zu Gast, und es war immer ein Gewinn. Unsere nächsten Couchsurfer haben schon „gebucht“: Eine 6-köpfige Familie aus Schweden.

Mehrwert für Große und Kleine

Alle Surfer boten für uns und unsere Kinder einen unbezahlbaren Blick über den Tellerrand. Wir hatten an unserem Küchentisch schon so manche anregende Diskussion mit interessanten Menschen, mache Begegnungen waren fast „magisch“. Wenn einer eine Reise tut, so hat er schließlich etwas zu erzählen. Aber auch die Lebensgeschichten unserer Surfer waren immer Horizont-erweiternd. Englisch wird dadurch als auch für die Kinder zur gelebten Sprache, sie erleben unterschiedliche Hautfarben und verschiedene Geschmacksrichtungen – vom indischen Fischcurry oder den mexikanischen Quesadillas läuft uns heute noch das Wasser im Mund zusammen! Auf der Landkarte verfolgen die Kinder immer gespannt, woher unsere Couchsurfer stammen – so bekommen Länder wie El Salvador oder Bulgarien plötzlich einen persönlichen Bezug.

Und freilich sahnen die Kinder auch immer wieder etwas ab, denn kaum ein Couchsurfer kommt mit völlig leeren Händen. Meist haben sie etwas Typisches aus ihrer Kultur als Gastgeschenk und auch immer eine Kleinigkeit für die Kinder dabei. Erst kürzlich grinsten die Buben von einem Ohr zum anderen, als sie das Süßigkeiten-Sackerl entdeckten, dass unsere letzten Couchsurfer  auf dem Bett „vergessen“ hatten.

Ist Couchsurfing sicher?

Speziell mit Kindern ist natürlich die Sicherheit ein großes Thema. Unsere Nachbarn konnten es anfangs nicht wirklich nachvollziehen, dass wir uns völlig fremde Leute ins Haus holen und noch nicht mal Geld dafür verlangen. Mittlerweile haben sie sich aber an den Anblick von Autos mit exotischen Nummerntafeln vor unserem Haus gewöhnt.

Ich bin davon überzeugt, dass Couchsurfer alle irgendwie ähnlich „ticken“. Es kommt also niemand ins Haus, mit dem man rein gar nichts anfangen kann. Beim Akzeptieren von so genannten Couch-Requests lasse ich immer auch meine Intuition walten – und bin damit noch nie schlecht gefahren. Zudem hinterlässt jeder Surfer und jeder Gastgeber eine kurze schriftliche Referenz auf dem Profil des jeweils anderen. Es gibt also bis auf absolute Neueinsteiger keine „unbeschriebenen Blätter“. Durch ein Vouching-System kann man sich gegenseitig zudem Vertrauen aussprechen, bei verifizierten Mitgliedern wurden Name und Wohnort überprüft.

Insgesamt gibt es mittlerweile über sechs Millionen Couchsurfer auf der ganzen Welt – Tendenz steigend. In den USA und in Europa ist Couchsurfing am weitesten verbreitet, aber es gibt Mitglieder in über 240 Ländern und Territorien, sogar in der Antarktis! Das Angebot ist höchst unterschiedlich: von der sprichwörtlichen Couch über ein Matratzenlager im Wohnzimmer bis hin zu separaten Räumlichkeiten mit gemütlichen Betten. Das Gute daran: Aus dem jeweiligen Profil geht sehr klar hervor, worauf man sich einlässt. Neben Couchsurfing bieten auch andere Plattformen einen derartigen Austausch: z.B. BeWelcome (auch dort gibt es eine Family Welcome Group) oder Hospitality Club.

Einige waren als Couchsurfer aktiv und haben dann aufgehört, als die Kinder da waren. Wir haben es umgekehrt gemacht. Und wir werden in absehbarer Zeit auch nicht damit aufhören. Eines werden wir jedoch nicht mehr machen: in der „Hauptsaison“ zwischen Mai und August jede Woche andere Surfer willkommen zu heißen, denn – bei allen Vorteilen – hosting kann auch ziemlich anstrengend sein …

P.S.: In meiner Küche steht gerade eine amerikanische Familie und kocht Abendessen für uns. Hmmm …!
Aber freilich geht in diesem Fall nichts ohne interkulturelles Lernen: Das gewünschte „Cup Measuring Tool“ konnte ich nicht bieten. Dafür weiß ich jetzt, dass 1 cup = 16 tablespoons sind. Na bitte, wieder was dazugelernt.

Foto: Unser „Track Record“: Diese Nationalitäten haben bereits in unserem Haus übernachtet.

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Hier plaudert Birgit, alias Mutti, 40+, seit 2009 aus dem Nähkästchen: Authentizitäts-Freak, selbstbewusst grauhaarig, kreativ angehaucht, völlig unperfekte Mutter. Familienblog aus dem Leben mit zwei Jungs - Mutter allein unter Männern. Mehr über Muttis Nähkästchen: About. Nix verpassen? Folgt mir via Social Media oder Newsletter.

Dieser Beitrag hat 7 Kommentare

  1. Wow, dieser Beitrag macht Mut. Vielleicht sollten wir doch auch unter die Couchsurfer gehen.

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