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Krieg in Europa! Experteninterview: Wie kann ich meine Kinder emotional unterstützen

Krieg in Europa! Experteninterview: Wie kann ich meine Kinder emotional unterstützen

Unsere Kinder sehen sich derzeit mit einem für sie völlig neuartigem Thema konfrontiert: Krieg in Europa. Fragen tauchen auf, Ängste kommen auf und wir Eltern sind oft einfach nur sprachlos. Wie können wir unsere Kinder in dieser Situation unterstützen und durch diese Achterbahn der Gefühle begleiten?


Zwischenruf in eigener Sache:

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Birgit und Christine von Muttis Nähkästchen

Für alle, die uns noch nicht kennen: Hier plaudern Birgit und Christine aus dem Nähkästchen und schreiben über das (Über-)Leben mit Kindern.

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Voraussichtliche Lesedauer: 12 Minuten

Das Schlimmste ist nun eingetreten: Am 24.02.2022 sind russische Truppen in der Ukraine einmarschiert – ein Krieg in Europa. Uns alle beschäftigt das Leid der Menschen in der Ukraine und die Unsicherheit, wie sich dieser Konflikt noch weiterentwickeln wird. Kein Gespräch, das sich nicht um dieses Thema dreht, keine Nachrichten im Fernsehen oder Radio, die nicht von Krieg, Waffen, Sanktionen oder mittlerweile sogar schon Atomstreitkräften handeln. Diese Schreckensnachrichten und Zukunftsängste gehen auch an unseren Kindern nicht spurlos vorüber – egal in welchem Alter. Fake-News und Horrormeldungen in sozialen Netzwerken tun ihr Übriges. Was können wir als Eltern nun tun, um unsere Kinder durch diese Zeit zu begleiten und ihnen Halt zu geben?


Krieg in Europa - Kinder begleiten


Experteninterview mit Mag. Cornelia Draxler

Dieses Thema ist zu komplex und neu für uns Eltern. Darum habe ich Cornelia Draxler um Tipps gebeten, wie wir nun am besten mit aufkommenden Fragen und Angstgefühlen umgehen sollen.


Zur Expertin

Mag. Cornelia Draxler ist Psychologin mit der Weiterbildung zur Klinischen und Gesundheitspsychologin. Darüber hinaus ist sie Psychotherapeutin der Fachrichtung Verhaltenstherapie. Neben ihrer eigenen Praxis in Salzburg arbeitet sie auch an der Privatuniversität Sigmund Freud Linz. Dort ist sie als Universitätslektorin tätig und hält Lehrveranstaltungen zur Psychologischen Diagnostik.
Mag. Draxler ist selbst Mutter von drei Kindern und kann uns daher aus verschiedenen Perspektiven beraten und ihre Sichtweise als Mutter mit einfließen lassen.


#1 Kleinere Kinder wissen ja Gott sei Dank noch nicht, was Krieg bedeutet – trotzdem spüren sie die Unruhe in einer Familie. Ganz können wir unsere Emotionen ja nicht vor Ihnen verstecken. Was empfehlen Sie uns Eltern, wie wir diese negativen Gedanken von unseren kleinen Kindern fernhalten können?

Schaffen Sie sich Räume, in denen Sie sich ungestört von Ihren Kindern mit dem Thema beschäftigen können. Für manche kann das unter Tags zu einer Zeit sein, in der die Kinder außer Haus betreut werden, für andere vielleicht abends, wenn die Kinder bereits in den Betten sind.

Versuchen Sie, in dieser Zeit nicht nur Informationen zu sammeln, sondern auch mit anderen darüber zu sprechen, das hilft oft in der Emotionsregulation. Achten Sie darauf, diese Zeit dann auch aktiv zu beenden. Manchen hilft eine kurze Entspannungsübung, ein paar bewusste und tiefe Atemzüge, um in Ihren Alltag zurückzukommen.

Sollten belastentende Gedanken auftauchen, wenn Sie mit ihren Kindern zusammen sind, versuchen Sie sich daran zu erinnern, dass Sie zu einem späteren Zeitpunkt die Möglichkeit haben, sich damit ungestört zu beschäftigen. Dann könnten Sie die Aufmerksamkeit wieder auf Ihre aktuelle Tätigkeit lenken.


#2 Ab dem späten Kindergartenalter und im Grundschulalter haben Kinder schon eine Ahnung, worum es jetzt in den Nachrichten und bei den Gesprächen unter Erwachsenen geht. Sie fragen nach und durchleben bereits Ängste. Wie weit sollen wir ihnen vom Krieg erzählen? Welche Grenzen sollte man unbedingt beachten?

In dieser Altersgruppe gilt: In jedem Fall auf Fragen reagieren.

Daneben gilt: Sie kennen Ihr Kind am besten. Manche Kinder machen sich Sorgen, ohne darüber zu sprechen, dann würde ich sanft nachfragen, wie der Wissensstand ist, worüber in der Schule gesprochen wird, ob es Unklarheiten oder Sorgen gibt.

Als Grundsatz gilt: Wissen gibt immer mehr Sicherheit als Unwissen. Versuchen Sie bei Ihren Erklärungen Sicherheit zu vermitteln, suchen Sie nach vereinfachten Darstellungen der Situation. Wenn es Handlungsmöglichkeiten in Ihrer Familie gibt, dann erzählen Sie auch davon: Wir haben Geld gespendet, wir sind demonstrieren gegangen, oder Sie berichten von anderen Hilfsaktionen, z.B. viele Bahnunternehmen lassen Ukrainer*innen derzeit kostenlos durch Europa reisen oder Telekommunikationsunternehmen kostenlos telefonieren.


#3 Ältere Kinder fragen schon genauer nach. Sie wissen, dass im Krieg viele Menschen sterben, dass schreckliche Waffen eingesetzt werden und dass auch viele Kinder ihr Zuhause verlieren. Konkrete Fragen tauchen auf: Wird das ein Weltkrieg? Muss Papa in den Krieg? Haben wir dann noch genug Essen? Darf ich dann noch in die Schule? Ab welchem Alter kann man ganz ehrlich sein – auch sein Unwissen und seine eigenen Ängste und Sorgen mit den Kindern offen besprechen?

Bleiben Sie am Besten bei der Wahrheit, aber betonen Sie immer alles, was Sicherheit gibt.  Ein Beispiel wäre: „Ich weiß nicht, ob das ein Weltkrieg wird, weil niemand in die Zukunft schauen kann. Wir als Familie halten in jedem Fall zusammen. Es gibt derzeit überhaupt keine Anzeichen, dass der Krieg nach Österreich kommt und ich halte das auch für unwahrscheinlich.“

Ab wann Sie ganz ehrlich sein können, kann pauschal nicht beantwortet werden. Überlegen Sie, wie erwachsen Ihr Kind in vergangenen Belastungssituationen reagiert hat. Als grobe Richtlinie würde ich sagen, unter 16 Jahren würde ich sehr lange und genau überlegen müssen, ob das möglich ist.


#4 Viele Kinder fasziniert dieses jetzt so brisante Thema. Sie googeln, sehen sich Dokus und Bücher über andere vergangene Kriege an. Was sollte man verhindern? Worüber sollte man mit ihnen sprechen um sie evtl. auch auf Fake-News usw. vorzubereiten?

Bleiben Sie in jedem Fall immer im Gespräch und wenn es möglich ist, sehen Sie Nachrichtenbeiträge zusammen. Ich würde viel über Fake News sprechen und deutlich machen, wie schnell im Internet Lügen verbreitet werden können. Sprechen Sie auch darüber, welche Gefühle diese Informationssuche auslöst, helfen Sie Ihren Kindern diese Zeiten aktiv zu begrenzen, um einer Überforderung entgegenzuwirken.

Machen Sie deutlich, dass Sie das Interesse verstehen und in Ordnung finden, dass es jedoch Expertinnen und Experten in Österreich, Europa und der ganzen Welt gibt, die sich damit beschäftigen und dann auch handeln können. Da uns Privatpersonen weitgehend die Handlungsmöglichkeit fehlt, bleiben wir mit den Sorgen hilflos zurück. Daher ist es wichtig, sich auch abzulenken.

Siehe dazu auch: Fake News erkennen: Kinder vor Verschwörungstheorien schützen


# 5 In der Klasse meines Sohnes im Gymnasium war das Thema Krieg unter den Kindern so bestimmend, dass der Klassenvorstand zwei Stunden Unterrichtszeit zur Besprechung und Beantwortung ihrer Fragen genutzt hat. (Worüber ich sehr froh bin!) Auch Themen wie ein Atomkrieg wurden angesprochen. Viele Kinder sind danach vermutlich verstört und verängstigt. Wie kann ich mein Kind auffangen, beruhigen und ihm Halt geben ohne es anzulügen und das Thema Krieg zu verharmlosen?

Es ist völlig in Ordnung, dass in der Schule das Thema aufgegriffen wurde, weil die Kinder das Bedürfnis dazu hatten. Ich kann die Sorge verstehen, die Eltern dann erleben, wenn Ihre Kinder verängstigt und verstört nach Hause kommen. Wir können unsere Kinder nicht vor allem beschützen, auch wenn wir es uns wünschen würden.

Geben Sie dem Kind viel Raum zu reden, helfen Sie Gefühle zu benennen („Macht dir das Angst? …  Bist du darüber wütend?“), und signalisieren Sie, dass es in Ordnung ist, sich Gedanken zu machen und Gefühle zu erleben. Lassen Sie sich erzählen, was das Kind erfahren hat und bemühen Sie sich immer um Ergänzung im Hinblick auf Distanz (z.B .Österreich ist im Schnitt 1.600km von Kiev entfernt), Sicherheit (z.B. es gibt viele Expert*innen, die sich bemühen den Krieg schnell zu beenden) und Handlungsmöglichkeit (z.B. wir können deine alten Winterschuhe spenden).

Es geht nicht darum, unsere Kinder anzulügen, aber mit Sachlichkeit können wir sie unterstützen, von Katastrophenszenarien Abstand zu gewinnen.


Vielen Dank für das Beantworten dieser Fragen, die jetzt vermutlich alle Eltern belasten und beschäftigen. Jetzt heißt es mehr denn je eine Stütze für unsere Kinder zu sein und für sie da zu sein!


Jugendliche und Krieg: Was Jugendliche wissen und wie sie sich informieren

Eine aktuelle bundesweite Befragung von 181 Jugendlichen zur Wahrnehmung der gegenwärtigen Ereignisse in der Ukraine zeigt, dass die meisten Jugendlichen über das grundlegende Geschehen informiert sind. Die Erstinformationen zu den Ereignissen holten sie sich vor allem über traditionelle Medien wie Fernsehen und Radio als auch über das Internet, Social Media, Zeitung und Apps.

Das Internationale Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI) beim Bayerischen Rundfunk befragte am 23. Februar 2022, einen Tag vor dem Angriff, und am 24. Februar 2022, dem Tag des Kriegsbeginns, 181 Jugendliche zwischen 13 und 17 Jahren zu ihrem Informationsverhalten, ihrem Wissen und ihren Einschätzungen zur aktuellen Lage in der Ukraine.

Viele der befragten Jugendlichen waren in der Informationssuche zu den aktuellen Ereignissen auf sich gestellt, entsprechend bedeutsam waren Medien, um sich über die Situation zu informieren. Erstinformation in dieser weltpolitischen Krisensituation findet meist über traditionelle Medien statt.

Die Meinung der Jugendlichen

Die meisten befragten Jugendlichen beschreiben Putin als bösen und schlimmen Menschen mit viel Macht und zahlreichen negativen Eigenschaften (gefährlich, aggressiv, machtbesessen, geldgierig, arrogant, unehrlich, brutal …), als „Diktator, der Krieg will“ (Junge, 16 Jahre) oder „Zerstörer der Demokratie“ (Junge, 15 Jahre). In Einzelfällen verteidigen Jugendliche mit russischer Zuwanderungsgeschichte die Aggression von Seiten Russlands als den einzigen Weg, einen angeblichen Genozid zu verhindern. Einzelne bewundern Putin: „Ich finde ihn sehr selbstbewusst und er kämpft für Frieden und Gerechtigkeit in der ganzen Welt“.

Fast alle der befragten Jugendlichen wünschen sich von der Bundesregierung, dass sie in dieser Situation die Ukraine unterstützt und „sich entschlossen gegen ihn (Putin) stellt“ und „die Ukraine zusammen mit der NATO verteidigt“.

Die Befragung zeigt: Die meisten Jugendlichen sind über die aktuelle Situation in groben Zügen informiert und positionieren sich eindeutig gegen Putin. Die notwendigen Erstinformationen zur Lage holen sie sich eher aus traditionellen Medien, was sich im weiteren Fortschreiten der Krise vermutlich auf soziale Medien verlagern wird. „Im weiteren Verlauf der Ereignisse wird es immer wichtiger werden, dass Jugendliche hinsichtlich ihrer Informationskompetenz geschult werden“, so Medienpädagogin und Studienleiterin Dr. Maya Götz. (Quelle: idw-online.de)


Mein persönlicher Umgang mit dem Thema Krieg in Europa:

In den letzten Tagen habe ich sehr viel über die Situation in der Ukraine gelesen und angesehen und es ging mir zusehends schlechter damit – das spürten auch meine Kinder und die Fragen und die Unsicherheit nahmen zu. Ablenkung ist für mich wirklich das Zauberwort. Das Thema bewusst und vehement ausblenden! Wenn es sein muss auch keine Nachrichten mehr ansehen und den Radio zwischendurch abdrehen. Wir dürfen und müssen jetzt einfach ganz normal weiterleben. Leider können wir an der Situation nicht viel ändern (Spenden ausgenommen!) und niemandem ist geholfen, wenn wir jetzt in Panik verfallen.

Für den Umgang mit meinen Kindern gilt: Ich beantworte Fragen, die von ihnen kommen – nicht mehr und nicht weniger. Ich gehe nicht noch weiter ins Detail, als sie es unbedingt wissen möchten. Für meine großen Kinder gilt: Keine TikTok- oder YouTube-Videos zu diesem Thema. Sie sind noch nicht in der Lage Fake-News von wirklichen Nachrichten zu unterscheiden. Wenn sie etwas ansehen möchten, müssen es offizielle und vor allem kindertaugliche Sendungen sein.

Tipps für kindgerechte Erklärungen zum Nachlesen:


Wir alle wünschen uns eine sichere Welt und ein friedliches Miteinander – für uns und unsere Kinder! Bleiben wir optimistisch und hoffen wir auf ein baldiges Ende dieses Schreckens. Wie geht es euch und euren Kindern damit?


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