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Mein Kind hat das Asperger-Syndrom: Information beim Elternabend

Mein Kind hat das Asperger-Syndrom: Information beim Elternabend

Unser Kind hat das Asperger-Syndrom.
Lange haben wir überlegt, wann, wie und ob wir das Umfeld aufklären sollen.
Schließlich wollten wir vermeiden, dass unser Kind stigmatisiert wird.
Nun war es so weit. Gemeinsam mit dem Klassenvorstand haben wir beschlossen, die Eltern der Mitschüler zu informieren.
Ein denkbar herausfordernder Schritt: wie sag ich’s den anderen Eltern, dass mein Kind „anders“ ist? Wie hole ich sie ins Boot, damit Mobbing erst gar nicht entstehen kann? Wie zeige ich ihnen, mit welchen zusätzlichen Herausforderungen mein Kind konfrontiert ist, damit sie eventuell auftauchende Missverständnisse und Probleme besser einordnen können?


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Disclaimer: Warum schreibe ich das hier?
Ich habe lange hin- und herüberlegt, ob ich diesen Text veröffentlichen soll. Schließlich habe ich mich dafür entschieden – aus zwei Gründen:

  1. weil ich anderen Eltern einen Anhaltspunkt mitgeben möchte, die vor einer ähnlichen Situation stehen. Ich hätte nämlich selbst nach Tipps und Erfahrungsberichten gesucht – und nichts gefunden. Und:
  2. weil ich es als Chance sehe, auf die vielen zusätzlichen Herausforderungen von autistischen Kindern aufmerksam zu machen. Es ist für sie eine riesengroße Kraftanstrengung, den normalen Schulalltag zu meistern – das wird in meinen Augen viel zu wenig gewürdigt. Vielleicht gelingt es, mehr Verständnis für die Nöte und Herausforderungen und dadurch mehr Akzeptanz zu erreichen.

Ich bin selbst immer wieder total ergriffen, wenn unsere betreuende Therapeutin enorm wertschätzend von der großen Leistung unseres Kindes spricht, in einer ganz normalen Regelschule unter ganz normalen Bedingungen bestehen zu können. Er hat keinen Assistenten, geht in keine Integrationsklasse und bekommt auch sonst keine Sonderbehandlung. Dieses Gefühl für diese erforderliche Kraftanstrengung wollte ich vermitteln. Ich glaube, es ist gelungen.
So habe ich mich beim Elternabend an die Eltern der Mitschülerinnen und Mitschüler (2. Klasse Gymnasium) gewendet:

Asperger-Syndrom: Information beim Elternabend

Unser Kind hat Asperger.

Schule und Lehrpersonal waren von Anfang an informiert. Wir sind sehr dankbar, dass die Schule bereit war und ist, diese Herausforderung anzunehmen und diesen Weg gemeinsam mit uns Eltern zu gehen.

Gemeinsam mit dem Klassenvorstand und der betreuenden Therapeutin haben wir immer wieder überlegt, wann, wie und ob wir das Umfeld aufklären sollen. Wir wollten vermeiden, dass unser Kind stigmatisiert wird.

Die Erfahrung aus dem ersten Schuljahr hat gezeigt, dass Mitschülerinnen und Mitschüler irritiert werden, weil unser autistisches Kind manchmal ein ungewöhnliches Verhalten zeigt. Wenn er z.B. sprachliche Äußerungen oder das Verhalten anderer fehlinterpretiert oder in verschiedenen Situationen gar nicht reagiert. Darum haben wir uns entschlossen, Sie heute zu informieren, damit Sie das Verhalten unseres Sohnes besser einordnen können.

Was ist Asperger?

Das Asperger-Syndrom ist eine Diagnose aus dem Autistischen Spektrum. Offiziell heißt es Autismus-Spektrum-Störung (ASS). Wir bezeichnen es aber nur ungern als Störung, sondern lieber als „andere Wahrnehmung“.

Für jedes Kind ist Schule eine Herausforderung – für ein autistisches Kind noch ein bisschen mehr. Denn sie haben noch ein paar Zusatzherausforderungen zu meistern. Bei unserem Kind sind das diese:

  • Unser Kind kann Umgebungsreize nur schwer filtern. Lautstärke, das Surren oder Flackern einer Leuchtstoffröhre, das anderen überhaupt nicht auffällt oder als ganz normal betrachtet wird, kann ein autistisches Kind komplett aus dem Konzept bringen.
  • Unser Kind hat Schwierigkeiten mit sozialer Interaktion. Menschen sind für ihn sehr unberechenbar, Freundschaften gibt es de facto nicht. Diese Schwierigkeiten zeigen sich auch in Partner- und Gruppenarbeiten sowie in Konkurrenzsituationen (z.B. im Sportunterricht).
  • Er hat Schwierigkeiten mit Veränderungen, bei kurzfristigen Umplanungen ist er z.B. nicht besonders flexibel und „steigt dann lieber aus“.
  • Pausen und relativ unstrukturierte Zeitphasen, wie z.B. Landschulwoche oder Skikurs, sind für ihn eine große Herausforderung.
  • Teilweise hat er Schwierigkeiten mit der Handlungsorganisation, reagiert ggf. mit kompletter Verweigerung.
  • Er kann nicht oder nur sehr schwer um Hilfe bitten, kann Kummer und Frustration nicht immer ausdrücken. Es fällt ihm auch schwer, Hilfe anzunehmen, die er angeboten bekommt. Manche Mitschüler erleben das mitunter als Zurückweisung.
  • Ein sicherer Rückzugsort ist besonders wichtig für unser Kind. Darum sitzt er jetzt zum Beispiel auch wieder alleine an „seinem“ Platz ganz hinten am Fenster.
  • Ist eine Situation mal eskaliert, ist unser Sohn manchmal nicht mehr ansprechbar. Es bringt so einer Situation nichts, sein Verhalten intellektuell zu diskutieren – da hilft meist nur, seinen Rückzug zu erlauben.

Auch für uns Eltern und das Lehrpersonal ist es nicht immer leicht zu erkennen, wie und warum es zu der einen oder anderen Situation gekommen ist. Fakt ist, dass es für ein autistisches Kind eine enorme Anstrengung bedeutet, dem normalen Schulalltag zu folgen. Aber er schafft es – nicht immer gleich gut, aber unter’m Strich sehr erfolgreich.

Mitschüler mit Asperger-Diagnose: Appell an die Eltern

Wir alle müssen einen Schritt aufeinander zugehen. Damit das Miteinander gut gelingt, sind wir auch von der Umgebung abhängig.
Autistische Kinder werden oft zu Mobbing-Opfern. Bitte helfen Sie mit, dass es nicht so weit kommt.

Sollte Ihr Kind vom Verhalten unseres Sohnes irritiert sein und das zuhause thematisieren, bitten wir um einen wertschätzenden Umgang. Bitte vermeiden Sie die Bezeichnungen „Störung“ oder „Behinderung“  – obwohl sie de facto zutreffend sind (die Autismus-Spektrum-Störung ASS wird mit einer 50%-igen Behinderung eingestuft – siehe auch: Ist ein Asperger-Autist behindert?).
Vielleicht könnten Sie stattdessen die Buntheit der verschiedenen Leute darstellen, dass jeder eben eine eigene Persönlichkeit hat, eigene Vorlieben und Abneigungen. Niemand ist wie der andere. Die einen tun sich mit dem einen Thema schwer, andere mit einem anderen Thema.

Fazit

Es war ein sehr schöner Elternabend. Die Eltern haben sehr positiv und mitfühlend auf meine „Rede vor versammelter Menge“ reagiert.
Ich glaube, es war die richtige Entscheidung, das zu kommunizieren.

Ich freue mich über euer Feedback – von anderen betroffenen Eltern genauso wie von anderen Leuten. Danke!

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Hier plaudert Birgit, alias Mutti, 40+, seit 2009 aus dem Nähkästchen: Authentizitäts-Freak, selbstbewusst grauhaarig, kreativ angehaucht, völlig unperfekte Mutter. Familienblog aus dem Leben mit zwei Jungs - Mutter allein unter Männern. Mehr über Muttis Nähkästchen: About. Nix verpassen? Folgt mir via Social Media oder Newsletter.

Dieser Beitrag hat 15 Kommentare

  1. Danke dafür! Vielen, vielen Dank!
    Wir stehen erst vor dem Abenteuer Schule, aber wir machen uns schon jetzt sehr viele Gedanken.
    Ich bewundere Euren Mut und offenen Beiträge, gerade beim schwierigen Thema ASS.
    (Ist der Name im Text vielleicht ein Hoppala?)

    1. Oha! Ja, der Name ist ein Versehen. Der gehört hier ganz bestimmt nicht hin. Da sieht man, dass es die Original-Redevorbereitung war. Danke für das Feedback!

  2. Danke!!!!Steht mir jetzt auch auf dem Gym bevor!

  3. Danke auch. Sehr interessant. Mal sehen ob ich das bei unserem Aspie in der Schule mache? Bis jetzt ging es zum Glück ohne Info der Miteltern. Seinen Schulstress lässt er dann zuhause raus ?

  4. Vielen Dank, das ist sehr interessant und steht uns wahrscheinlich spätestens in der weiterführenden Schule im nächsten Jahr bevor. Jetzt stehen wir erst einmal vor der Herausforderung, dem Kind selbst beizubringen, warum er „anders“ ist (auch Asperger+ADHS). Habt ihr da Erfahrungen?

    1. Unser Kind wollte davon nicht wirklich was wissen – schon gar nicht von uns Eltern. Die Therapeutin hat mit ihm zu seiner Diagnose gearbeitet. Aber ich glaub, er hat das komplett ausgeblendet. Auch OK.
      Alles Gute!

  5. Danke für diesen tollen Beitrag. Wir haben selber einen bald 11 Jahre alten „Grenzgänger“ der nicht diagnostiziert ist. Wir sind leider ein paar Mal an die vollkommen falschen „Ärzte“ geraten, eine Zeit lang hatte ich auch keine Kraft mehr alles in Eigenregie zu erforschen und ab und an hat es Vorteile wenn die Diagnose nicht vorhanden ist. Valentin geht in eine tolle Förderschule mit einem extrem engagierten Lehrer- und Rektorenteam und nachmittags besucht er die HPT. Unser größtes Problem liegt bei seiner extrem ausgeprägten Wahrnehmungsstörung im Mundbereich – Essen, Zahnarztbesuche sind eine große Schwierigkeit – von dem Besuch beim Kieferorthopäden will ich gar nicht erst anfangen …
    Wir leben in einem kleinen Dorf und haben aufgegeben zu versuchen Valentin zu „integrieren“ – wir haben allerdings auch nicht das Gefühl, das ihm was fehlt.
    Wir sind über jeden kleinen Schritt nach vorn dankbar und stellen durchaus fest, das das zunehmende Alter/Verständnis auch einen guten Teil zu Valentins positiver Entwicklung beiträgt.
    Ganz herzlichen Dank für jeden Beitrag in diese Richtung der mir auch immer wieder zeigt das es anderen ähnlich geht und ich nicht allein bin.
    Abschließend möchte ich betonen, das ich mir ein Leben ohne meinen Großen gar nicht mehr vorstellen kann, da er uns in der ein oder anderen Situation eine vollkommen andere Sichtweise auf die Dinge ermöglicht und wir für viele Sachen ein anderes Verständnis entwickelt haben.
    Alles Gute für Sie und Ihre Familie.

  6. Hallo.
    Wir haben im März die Vordiagnose leichtes asperger bekommen und haben die Abschluss Diagnose Nach der Einschulung im September bekommen.. Die Vordiagnose wurde komplett ignoriert. Die Lehrerin und Direktorin haben unser Kind für etwas bestraft was für aspis ein no go ist. Sie wollten ihn wie jedes andere Kind behandeln. Mit jede Menge Ärger(haben ihn aus der Schule genommen, Krankschreibung) haben wir erreicht das im Moment eine schulbegleiterin 3 mal die Woche kommt. Diese hat Sonderregelungen eingeführt.
    Hab bei dem elternabend im Oktober gesagt das wir ein besonderes Kind haben und das die Sonderregelung alle seine Richtigkeit haben.
    Mit den meisten Kindern der ersten und zweiten Klasse sind wir schon in die spielgruppe gegangen. Da waren schon die ersten „“ Auffälligkeiten „“ zu beobachten. Wir kennen die alltäglichen Schwierigkeiten und die Schwierigkeiten was schule angeht und versuchen es so gut wie möglich zu machen. LG

  7. Vielen Dank für diesen tollen Beitrag!
    Mein Sohn ist in der 5. Klasse und wird, wenn alles durchgeht, ab dem Halbjahr eine Integrationskraft bekommen. Spätestens dann ist es für die Klassenkameraden offensichtlich, wobei manche jetzt auch schon seine „empfindlichen“ Seiten suchen (z.B. auf den Kopf fassen).
    Möglicherweise ist der Elternabend zum Halbjahr eine Möglichkeit, das anzusprechen. Denn Offenheit hat noch nie geschadet, so fahren wir auch gut mit den Lehrern und der Schulleitung.
    Nur: es macht mich jetzt schon nervös…

    1. Die Nervosität kann ich gut nachvollziehen! Hab sehr gutes Feedback von den Eltern bekommen. Kann’s nur empfehlen!

  8. Danke für Deinen Beitrag, Er hat mir sehr geholfen mich auf das Elterngespräch vorzubereiten. Nun ist meine Nervosität auf 90 % gesunken ;-)

  9. Danke für deinen Beitrag. Hab dabei das ein oder andere Tränchen verdrückt. Schulzeit steht uns noch bevor. Jetzt heißt es erst mal den Alltag im Kindergarten zu meisten. Oftmals auch eine Herausforderung. Dank deinem Beitrag überlege ich das Thema Asperger eventuell auch beim nächsten Elternabend anzusprechen. Der Kindergarten weiß generell Bescheid und geht mal mehr, mal weniger, darauf ein.

    1. Die Entscheidung für die Information am Elternabend war nicht leicht. Man will ja nicht, dass das Kind stigmatisiert wird. Andererseits sollen es die anderen auch verstehen können, wenn sich ein Kind überraschend verhält. Gerade in der Schule erzählen aber viele Kinder von überraschenden Erlebnissen mit anderen Kindern … Alles Gute und viel Kraft!

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