Erstgeborene haben einen besonderen Status in Familien. Sie nehmen eine zentrale Rolle ein – dies hat positive und auch negative Auswirkungen auf deren weiteren Lebensverlauf. Eltern sollten sich mit diesem Thema beschäftigen.
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Table of contents
Erstgeborene – der besondere Platz in der Geschwisterkonstellation
In der Psychologie und Familienforschung wird die Geburtsreihenfolge oft als ein bedeutender Einflussfaktor auf die Entwicklung und Persönlichkeit eines Menschen betrachtet.
Besonders die Position des Erstgeborenen in der Familie hat weitreichende Auswirkungen auf das Verhalten, die Erwartungen und die Lebenswege dieser Kinder.
Natürlich spielen auch Altersabstände und Geschlechterkonstellationen eine große Rolle. Mehr dazu findet ihr hier: Brüder und Schwestern: Die ideale Geschwisterkonstellation
Die Rolle und Entwicklung der Erstgeborenen
Erstgeborene nehmen in der Familienstruktur eine einzigartige Position ein. Sie sind oft die ersten, die die elterlichen Werte und Erziehungsstile erleben und damit auch die ersten, die die Erwartungen und Anforderungen der Eltern erfüllen sollen. Dies kann eine Reihe von Auswirkungen auf ihre Entwicklung haben:
- Verantwortung und Führungsqualitäten: Erstgeborene sind oft die ersten, die Verantwortung übernehmen müssen. Diese Rolle kann sie früh dazu bringen, Führungsqualitäten zu entwickeln. Studien haben gezeigt, dass Erstgeborene oft als reifer und verantwortungsbewusster angesehen werden, da sie in der Regel häufiger gebeten werden, ihren jüngeren Geschwistern zu helfen und sich um sie zu kümmern. Diese Erfahrungen können ihre Fähigkeit fördern, Führung zu übernehmen und Entscheidungen zu treffen. Es kann aber auch zu Überforderung und Resignation führen.
- Leistungsdruck: Erstgeborene erleben oft einen hohen Leistungsdruck, da sie als Vorbilder für ihre jüngeren Geschwister gelten. Dies kann zu einer starken Motivation führen, hohe Leistungen zu erbringen, aber auch zu Stress und Angst, insbesondere wenn sie das Gefühl haben, die Erwartungen ihrer Eltern nicht erfüllen zu können.
- Selbstbild und Selbstwertgefühl: Die Rolle als Erstgeborener kann auch das Selbstbild und das Selbstwertgefühl beeinflussen. Der Versuch, den elterlichen Erwartungen gerecht zu werden, kann zu einem positiven Selbstwertgefühl führen, wenn die Erwartungen erfüllt werden, aber auch zu einem verminderten Selbstwertgefühl, wenn die Erwartungen als unerreichbar empfunden werden.
- Beziehungen zu Geschwistern: Die Beziehung zu jüngeren Geschwistern kann eine bedeutende Rolle im Leben eines Erstgeborenen spielen. Diese Beziehungen können sowohl unterstützend als auch konfliktbeladen sein. Erstgeborene übernehmen oft eine Betreuerrolle, was zu einem starken Gefühl von Verantwortung führen kann, aber auch zu Konflikten, insbesondere wenn sie das Gefühl haben, ihre eigene Kindheit zu opfern.
Viele Erstgeborene beklagen einerseits den Verlust der eigenen Kindheit, wenn ein Geschwisterkind hinzukommt, genießen aber auch den Gewinn an Macht und Einfluss. Oft empfinden sie ihre Geschwister als undankbar, weil sie ihnen doch schon in vielerlei Hinsicht den Weg geebnet haben. Hier kommt oft Neid auf. Den Kleinen fällt alles in den Schoß, was man sich selbst hart erarbeiten musste. Besonders wenn das Geschwisterkind auch noch das gleiche Geschlecht hat,, beginnen hier erbitterte Konkurrenzkämpfe.
Lösung Einzelkind?
Wenn man sich mit dem Thema der Geschwisterkonstellation beschäftigt, kommt man schnell auf die Idee, dass vielleicht doch das – oft so verrufene – Einzelkind die bessere Lösung wäre. Keine Konkurrenzkämpfe, ungeteilte Aufmerksamkeit und Liebe, keine Vorbildfunktion und keine Eifersucht. Ist das so eindeutig?
„Einzelkinder empfinden selten ihre Position als privilegiert und fühlen sich von der ungeteilten Aufmerksamkeit der Eltern beglückt. Sie erleben sie eher bedrückend. Wo sich sonst die Ansprüche und Sorgen der Eltern auf verschiedene Kinder verteilen, sind sie aufgerufen, es ganz allein beiden recht zu machen. Oft verfolgt sie die paradoxe Fantasie, ‚zu viel‘ zu sein, denn sie hören nicht selten, die Eltern seien schon von der Erstgeborenen so gestresst und gefordert gewesen, dass sie lieber kein zweites Kind in die Welt gesetzt hätten. Sie äußern Ansprüche nur, wenn sie ganz sicher erfüllbar sind, und neigen dazu, mit hoher Sensibilität Kritik vorwegzunehmen.“ (Schmidbauer 2024: 13-14)
Auch als Einzelkind hat man also eine bestimmte Rolle in der Familie zu erfüllen. Vielleicht sogar mehrere Rollen gleichzeitig. Eltern sollten das bedenken und gerade bei Einzelkindern nicht zu fordernd, aber auch nicht zu locker zu sein. Das natürliche „Abschleifen“ durch Geschwister entfällt – Freunde sind kein gleichwertiger Ersatz.
Erstgeborene: Auswirkungen auf die Zukunft
Die Einflüsse der Erstgeborenenposition erstrecken sich oft über die Kindheit hinaus und prägen das Erwachsenenleben.
Einige mögliche Auswirkungen sind folgende:
- Karriere und Berufserfolg: Die Führungs- und Verantwortungsqualitäten, die Erstgeborene in der Familie entwickeln, können sich positiv auf ihre berufliche Laufbahn auswirken. Erstgeborene neigen dazu, hohe Karriereziele zu setzen und sind oft bereit, harte Arbeit und Verantwortung auf sich zu nehmen. Dies kann zu erfolgreichen Karrierewegen führen, besonders in Positionen, die Führungsqualitäten und Organisationstalent erfordern.
- Beziehungsdynamik: In romantischen Beziehungen können Erstgeborene tendenziell eine eher strukturierte und verantwortungsvolle Rolle einnehmen. Dies kann zu stabilen und unterstützenden Partnerschaften führen, aber auch zu Konflikten, wenn der Leistungsdruck oder die Tendenz zur Kontrolle zu groß wird.
- Familienplanung: Erstgeborene können auch in der eigenen Familienplanung eine andere Perspektive einnehmen. Die Erfahrungen als ältestes Kind können ihre Erwartungen an die eigene Rolle als Elternteil beeinflussen. Sie könnten dazu neigen, eine strukturierte und organisierte Familie zu schaffen, oder im Gegenteil, versuchen, sich von den Erwartungen ihrer eigenen Kindheit zu distanzieren.
Auch hier sieht man: Die Rolle in der Familie kann sich positiv oder auch negativ auswirken. Muss ein Erstgeborener ständig die Verantwortung für die kleineren Geschwister übernehmen und so teilweise sogar in die Elternrolle schlüpfen, wird er das irgendwann wohl stark ablehnen. Diese Erstgeborenen werden dann tatsächlich zumindest ein Stück ihrer Kindheit beraubt. Das können wir Eltern aber sehr wohl beeinflussen und steuern. Eine große Rolle spielt hier aber auch die komplette Familiendynamik inklusive der Paarbeziehung der Eltern. Ist die Beziehung der Eltern nachahmenswert? Kann auch der Erstgeborene noch genug Kind sein oder muss er sofort erwachsen und selbstständig werden, weil die kleineren Geschwister Kind sein dürfen?
Unterschiede zwischen erstgeborenen Mädchen und Jungen
Obwohl die Rolle des Erstgeborenen in vielen Aspekten vergleichbar ist, gibt es spezifische Unterschiede zwischen erstgeborenen Mädchen und Jungen, die durch gesellschaftliche Erwartungen und geschlechtsspezifische Erziehung beeinflusst werden:
- Gesellschaftliche Erwartungen: In vielen Kulturen gibt es unterschiedliche Erwartungen an erstgeborene Mädchen und Jungen. Erstgeborene Mädchen werden häufig in eine Rolle gedrängt, die sowohl Fürsorglichkeit als auch Verantwortungsbewusstsein umfasst. Diese Erwartungen können sie dazu ermutigen, sich früh um jüngere Geschwister zu kümmern und Verantwortung zu übernehmen. Erstgeborene Jungen hingegen werden oft dazu ermutigt, unabhängig und selbstbewusst zu sein, was zu einer stärkeren Betonung von Durchsetzungsvermögen und Führungsqualitäten führen kann.
- Erziehungsstil: Die Erziehung von erstgeborenen Mädchen und Jungen kann sich aufgrund von Geschlechterrollen unterscheiden. Erstgeborene Mädchen könnten mehr auf ihre Fähigkeit zur Fürsorge und Organisation hin erzogen werden, während erstgeborene Jungen möglicherweise mehr ermutigt werden, Führungsrollen zu übernehmen und Durchsetzungsvermögen zu zeigen.
- Persönlichkeitsentwicklung: Diese unterschiedlichen Erziehungseinflüsse können zu Unterschieden in der Persönlichkeitsentwicklung führen. Erstgeborene Mädchen neigen möglicherweise dazu, empathischer und kooperativer zu sein, während erstgeborene Jungen möglicherweise eine stärkere Neigung zu Selbstbewusstsein und Unabhängigkeit zeigen.
- Karriereziele und -erwartungen: Die gesellschaftlichen Erwartungen können auch die Karriereziele beeinflussen. Erstgeborene Mädchen können sich stärker in Richtung sozialer Berufe oder familiärer Rollen orientieren, während erstgeborene Jungen möglicherweise eher Karrieren in Führungspositionen oder in wettbewerbsorientierten Feldern anstreben.
Geschlechterunterschiede in der Erziehung?
Ein ganz kniffliges Thema. Geschlechtsspezifische Erwartungshaltungen schleichen sich wohl noch in den meisten Familien ein. Vor allem, wenn die Eltern vielleicht ein traditionelles Familienbild leben. Kümmert sich die Mutter um Haushalt und Kinder während der Vater außer Haus seiner Erwerbstätigkeit nachgeht (ist in den ersten Lebensjahren der Kinder ja immer noch meist die Realität), erleben das natürlich auch die Kinder so und handeln danach. Hier bedarf es vieler offener Gespräche und einem Dagegenwirken. Warum soll immer nur die große Tochter den Tisch decken oder die kleinen Geschwister betreuen? Das Durchbrechen der klassischen Rollenbilder tut beiden Kindern gut – die Tochter wird nicht in die Rolle der Mutter und Hausfrau gedrückt und der Sohn lernt eine wichtige Lektion für sein restliches Leben, die ihm in künftigen Paarbeziehungen mit Sicherheit zu Gute kommt.
Auch diese Geschlechterdifferenzen in Bezug auf die Rolle als Erstgeborener können also wir Eltern beeinflussen.
Buchempfehlung:
Die Erstgeborenen: Wie sie ihre Kindheit den Geschwistern opfern
Ein aufrüttelndes Buch, das einem seine eigenen „Fehler“ im Familienleben vor Augen führt und wieder für die Rollen der eigenen Kinder sensibilisiert.
Der Psychologe Wolfgang Schmidbauer erzählt in diesem Buch von seiner eigenen Familienkonstellation, den Rollenbildern und Entwicklungen vieler Patienten und lässt den Leser besser verstehen, wie die Dynamiken in Familien funktionieren.
Die Veränderung der familiären Konstellation kann weitreichende Folgen für die psychische Entwicklung eines Menschen haben. Ein guter Grund sich damit zu beschäftigen und die eigenen Kinder so gut es geht auf diesem Weg zu begleiten bzw. davor zu schützen.
Fazit
Die Rolle des Erstgeborenen in der Familie ist ganz speziell. Erstgeborene übernehmen oft früh Verantwortung und entwickeln Führungsqualitäten, die sie in ihrem späteren Leben prägen. Ihre Erfahrungen in der Kindheit haben weitreichende Auswirkungen auf ihre berufliche und persönliche Entwicklung. Unterschiede zwischen erstgeborenen Mädchen und Jungen sind ebenfalls signifikant und werden durch gesellschaftliche Erwartungen und Erziehungsstile beeinflusst. (Besonders hier können wir Eltern mit unseren Rollenbildern und Erwartungshaltungen viel zum Positiven verändern!)
Das Verständnis dieser Dynamiken kann dazu beitragen, sowohl die individuellen Erfahrungen als auch die unterschiedlichen Herausforderungen und Chancen zu erkennen, denen Erstgeborene in ihrer Lebensreise begegnen. Auf jeden Fall ein Thema mit dem sich Eltern von mehreren Kindern beschäftigen sollten! Ich denke man kann als Elternteil zwar nicht alles verändern, aber durch Wissen, Verständnis und Veränderung der eigenen Verhaltensweisen und Ansprüche zumindest einen positiven Einfluss auf die Entwicklung nehmen.
Generell ein faszinierendes Thema! Warum sind Geschwister so unterschiedlich? Ist es nur die Familienkonstellation? Was können wir als Eltern beeinflussen? (Viele weitere Lesetipps weiter unten.)
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Weitere Bücher zum Thema Geschwister:
- Geschwister als Team
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- Geschwisterkinder erziehen
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