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Verhaltenspsychologie: Nudging-Tipps für die Kommunikation mit Kindern [Teil 3]

Verhaltenspsychologie: Nudging-Tipps für die Kommunikation mit Kindern [Teil 3]

Wir Eltern können von der Verhaltenspsychologie lernen: Denn wenn wir nur ein bisschen anders miteinander reden, lässt sich Großes erreichen.
Teil 3 meiner Artikel-Serie zu Nudging: Kleine, harmlose, aber wirkungsvolle Kommunikationskniffe für den Alltag in der Familie. Diesmal gibt’s Nudging-Tipps aus den Bereichen „Autorität“ und „Knappheit“.


Zwischenruf in eigener Sache:

Liebe Leute!
Willkommen am Familienblog "Muttis Nähkästchen"

Birgit und Christine von Muttis Nähkästchen

Für alle, die uns noch nicht kennen: Hier plaudern Birgit und Christine aus dem Nähkästchen und schreiben über das (Über-)Leben mit Kindern.

Alles, das Eltern wissen sollten! Wir bemühen uns um wertvolle Inhalte, die euch wirklich weiterhelfen. Außerdem haben wir immer wieder feine Sachen für euch zu verlosen.

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Nudging in der Erziehung – Teil 3

Mit kleinen „Psychotricks“ zu mehr Familienfrieden?
Klingt gefährlich – aber macht euch selbst ein Bild. Diese Tipps sind harmlos, aber nicht minder wirkungsvoll.

Verhaltenspsychologie hat manchmal Gruseliges zu bieten. Darum sollten wir uns wappnen und die Mechanismen kennen, mit denen Unternehmen und Politik uns zu überzeugen versuchen.

Ich habe versucht, bewährtes Know-how aus der Verhaltenspsychologie auf die Erziehung umzulegen: kleine (aber nicht verwerfliche!) Psychokniffe in der Familie. Heute präsentieren ich euch meine Nudging-Tipps aus den Bereichen Autorität und Knappheit sowie ein paar allgemeine Tipps und Tricks rund um Entscheidungsfindung, Anreize und Kommunikation in der Familie:


#5 Autorität in der Erziehung

Wer kennt es nicht – das berühmte Milgram-Experiment. Menschen sind viel eher bereit, abartige Dinge zu tun, wenn sie von einer Autoritätsperson dazu angehalten werden. Im Milgram-Experiment haben die Probanden kräftig Stromstöße ausgeteilt – und das, obwohl sie deutlich sahen, wie die andere Person darunter litt. Und obwohl die Person unter Tränen darum bettelte aufzuhören. Diese Autoritätsgläubigkeit macht sich auch die Werbung zunutze – denkt nur an in weiße Kittel gekleidete Schauspieler, die uns die beste Zahnpasta ever anpreisen. Da muss doch was dran sein – schließlich sind Ärzte anerkannte Autoritäten.

So einfach lässt ich das in der Familie nicht umsetzen … leider und Gott sei Dank! An uns reiben sich die lieben Kinderlein. Tja …

Trotzdem können wir mit Autorität arbeiten. Forscher haben nämlich herausgefunden, dass Menschen eher einer Bitte nachkommen, wenn man sie begründet. Gemäß der Forschung reicht es, wenn das Wörtchen WEIL vorkommt. Und zwar auch, wenn die Begründung eigentlich keine Begrü+ndung ist – sondern nur den ersten Teil bekräftigt – in Österreich nennen wir sowas „No-na-Begründung„. Ein Beispiel aus der Schlange vor der Kasse: „Würden Sie mich bitte vorlassen, weil ich es eilig habe“.

Muttis Nudging-Tipp #10:
Einfach öfter das Wörtchen „WEIL“ anhängen.

Weil’s funktioniert.

Aber Vorsicht! Zu viel Bla-bla und zu viel Begründung gehen in die verkehrte Richtung!


Generell reden wir sowieso viel zu viel auf unsere Kinder ein.
Ein Experiment zeigt, warum das kontraproduktiv sein kann: Bei einer Spendenaktion wurden Leute mit vielen Argumenten bombardiert, warum es wichtig sei zu spenden. Sie waren deutlich weniger spendabel, als Leute, die nur 1-2 oder sogar gar keine Argumente zu hören bekamen. Der Grund: Durch die vielen Argumente fühlen sich die Menschen manipuliert und unter Druck gesetzt. Und das provoziert eine Abwehrreaktion.

Muttis Nudging-Tipp #11:
Öfter mal die Klappe halten.

Zu viel Bla-bla geht nach hinten los.
Zu viel Erziehungs-Bla-bla ebenso – wenn nicht sogar noch mehr …
Ich sag’s daher immer öfter mit Bildern statt mit Blabla: Piktogramme als Familien-Kommunikationshilfe: kostenloser Download




Tja, und wie es eben so ist … Manchmal wollen die Kids die Sinnhaftigkeit von so mancher erwachsenen Kopfgeburt partout nicht anerkennen – speziell bei zunehmendem Alter und herannahender Pubertät. Warum soll ich das lernen? Ich will aber noch nicht um diese Uhrzeit nach Hause gehen. Warum darfst du mir dieses oder jenes verbieten? Das ist doch unfair!
Da hilft nur eins:

Muttis Nudging-Tipp #12:
Eine übergeordnete Autorität ins Spiel bringen

Der Gesetzgeber hat die Rahmenbedingungen vorgegeben: Es gibt nunmal die Unterrichtspflicht bzw. Ausbildungspflicht (in Deutschland sogar Schulpflicht) – darum lernen. Es gibt ein Jugendschutz – soviel zum Thema Zapfenstreich. Eltern haben das Recht und die Pflicht zur Obsorge – darum verbiete ich auch mal etwas verantwortungsbewusst, wenn ich das Kindeswohl in Gefahr sehe.
Gegen diese Argumente verstummt so mancher Teenager.
… und wenn wir Eltern diese Pflichten missachten, dann können schon mal ganz andere Autoritäten in ehrfurchtgebietender (sic!) Amtstracht an der Haustür klingen. Denn diese Uniform tragen sie nicht aus Jux und Tollerei.

Bei allem elterlichem Ehrgeiz sollten wir aber das Hinterfragen von Autoritäten – ja, auch die eigene Autorität – unserer Kinder nicht behindern. Die Geschichte lehrt uns warum …


Muttis Nähkästchen Herzchen


#6 Knappheit in der Erziehung

Das ist DAS Prinzip, das die Umsatzzahlen von so manchem Unternehmen am Brummen hält. Das Knappheitsprinzip hat einen großen Einfluss darauf, welchen Wert wir Dingen beimessen. Darum wird in einer Zeit, in der immer alles jederzeit verfügbar und auch leistbar ist, künstliche Knappheit einfach erzeugt. Produkt XY gibt es nur in dieser Woche. Das regt zu Spontankäufen an. Und fast alle springen darauf an. Auch die Politik macht sich diesen Umstand fleißig und erfolgreich zunutze.
Und Kinder meinen ja sowieso immer, sie kämen zu kurz, oder nicht?

Zum einen ist die Knappheit ohnehin gerade in puncto Familienzeit und Qualitätszeit allgegenwärtig. Aber künstliche Knappheit lässt sich auch in der Familie konstruieren.

Muttis Nudging-Tipp #13:
Eine Wahl lassen – aber nicht zu viel!

Zu viel Entscheidungsfreiheit geht eindeutig nach hinten los – es ist also Maß und Ziel angesagt. Besser ist, zwei Alternativen anzubieten statt viel mehr. Letzteres überfordert gerade kleine Kinder sehr. Siehe auch: Machtkämpfe vermeiden: Kindern eine Wahl lassen


Eng verwandt mit der kleinen Menge ist die Fristentaktik: Man setzt Kunden eine Frist, nach deren Ablauf ein Angebot nicht mehr gilt. Oft wird durch diesen künstlichen Stress auch ein höherer ideeller Wert des Produktes kreiert.
Etwas abgemildert könnte dieses Prinzip in der Familie wie folgt funktionieren:

Muttis Nudging-Tipp #14:
Jetzt oder nie!

Lässt sich der Fortpflanz wieder einmal nicht zu den Hausaufgaben überreden? Vielleicht wollt ihr einen besonderen Anreiz setzen – aber der gilt eben nur JETZT. Jetzt, wenn sich das Kind sofort hinsetzt und die Aufgaben in angemessener Zeit – also ohne Herumtrödeln – erledigt.
Zum Thema Hausaufgaben siehe auch:
6 einfache Tipps gegen den Albtraum Hausaufgaben





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Knappheit empfinden wir als Beschränkung unserer Freiheit – wir können etwas nicht immer haben. Darauf reagieren wir Menschen mit Trotz.
Ja, richtig gelesen: TROTZ.
Das können nicht nur kleine Kinder. Im typischen Trotzalter tritt dieses Phänomen zum ersten Mal ans Tageslicht, was Psychologen Reaktanz nennen: Die Tendenz, für Freiheit und gegen Einschränkung zu kämpfen. Im Trotzalter testen die Kinder die Grenzen ihrer Freiheit aus (und damit auch die Geduldsfäden der Eltern). Sie entdecken dadurch, inwieweit sie kontrolliert werden und inwiefern sie selbst Kontrolle ausüben. Ein ganz normaler Prozess. Und die Tendenz, gegen Beschränkungen unserer Freiheit anzugehen, bleibt ein Leben lang bestehen!

Eine weitere Lebensphase, die stark von der Reaktanz geprägt ist, ist die Pubertät. Kurzgefasst könnte man das so formulieren:

Wenn wir Eltern wollen, dass etwas getan wird, dann haben wir drei Möglichkeiten: (1) Es selbst tun, (2) dafür bezahlen oder (3) es den Kindern zu verbieten.

Oder eben andersrum, wenn etwas Unerwünschtes passiert:

Muttis Nudging-Tipp #14:
Besser nicht überreagieren

Verbote machen Dinge noch interessanter. Während eine gelassene Herangehensweise so manches Interesse rasch wieder schwinden lässt. Das kann man sich bei so manchen unliebsamen Themen im Leben mit Kindern zu Nutze machen – zum Beispiel beim Thema Schimpfwörter und Fäkalausdrücke: Das hilft gegen Schimpfwörter


Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass der Verlust von etwas viel mehr Gefühle hervorruft als der Gewinn desselben. Das gilt für Beziehungen, Noten, Geld, Wohlstand etc. Ein Umstand, den sich politische Parteien nur zu gerne zu Nutzen machen.
Menschen reagieren auf Anreize. Aber nicht nur – auch der Kontext spielt eine wichtige Rolle. Beispielsweise übt die Angst, etwas zu verlieren, mehr Einfluss aus als der, genau dasselbe zu gewinnen. Auch der Zeitpunkt spielt eine große Rolle – nicht nur bei Kindern! Kommt die Belohnung heute oder morgen – das ist ein riesengroßer Unterschied. Auch viele Erwachsene entscheiden sich eher dafür, heute 19,- Euro zu bekommen als morgen 20,-. Und bei Kindern ist diese Tendenz nochmal deutlich ausgeprägter.

Forscher machten auch eine erstaunliche Entdeckung bei den Kategorien von Belohnungen. Studienteilnehmer mussten eine 10-minütige Aufgabe erledigen. Dafür durften sie sich anschließend eine Belohnung aus einer Kiste aussuchen. Wenn sie freiwillig eine weitere 10-minütige Zusatzaufgabe machten, durften sie sich eine zweite Belohnung aussuchen. Einer Vergleichsgruppe wurden zwei verschiedene Kisten mit identem Inhalt präsentiert. Nach der ersten Aufgabe durften sie sich etwas aus der ersten Kiste aussuchen. Nach der Zusatzaufgabe dann etwas aus der zweiten Kiste. Fazit: Obwohl deutlich erkennbar war, dass beide Kisten den gleichen Inhalt hatten, waren die Teilnehmer der 2. Gruppe dreimal so motiviert, die zusätzliche Aufgabe zu machen. Und obendrein hatten die Teilnehmer der zweiten Gruppe mit den zwei Kisten deutlich mehr Spaß an der Aufgabe!

Muttis Nudging-Tipp #15:
Zwei Anreizkategorien anbieten – auch wenn die Kategorien unsinnig sind.

Ergo: Unsere Kinder können sich durch Mithelfen im Haushalt zusätzliche Computer-Spielminuten verdienen. Wenn sie noch mehr mithelfen, gibt es nicht noch mehr Spielzeit, sondern eine Belohnung aus einer zweiten Kategorie – z.B. etwas zum Naschen.
Siehe auch: Belohnungssystem statt Dauerfrust: manchmal lassen sich sogar Medikamente einsparen


Last, but not least noch ein Nudging-Tipp zur Entscheidungsfindung

Entscheidungsfindung

Bei einfachen Entscheidungen mit hoher Motivation werden Ziele eher mit flexiblen Handlungsabfolgen erreicht. Ist Entscheidung und die Überwindung jedoch groß und die Motivation im Keller, dann hilft eine starre/strikte Abfolge und Struktur.

Muttis Nudging-Tipp #15:
Bei geringer Motivation besser eine starre Abfolge vorgeben.

Zu viel Entscheidungsfreiheit geht hier eindeutig nach hinten los.
Siehe auch: Machtkämpfe vermeiden: Kindern eine Wahl lassen


Muttis Nähkästchen Herzchen


Serie:


Weitere brauchbare Eltern-Tricks:
Da hab ich noch was für euch, bittesehr: 14 Geheimrezepte in Sachen Erziehung, die jede Mutter kennen sollte

Mit der Zeit hab ich mir einige Erziehungstipps und -tricks angeeignet, die mir im Familienalltag enorm helfen.
Hier entlang: Muttis Eltern-Tipps

Buchempfehlungen:

  • Die Psychologie des Überzeugens: Wie Sie sich selbst und Ihren Mitmenschen auf die Schliche kommen

    Der Klassiker von 1984 hat keinerlei Aktualität eingebüßt. Der Autor Robert B. Cialdini recherchierte drei Jahre lang undercover. Er lernte von Autoverkäufern, Handelsvertretern, Fundraisern, Werbeleuten, Personalvermittlern usw. Herausgekommen sind dabei höchst interressante Fakten über die unterschiedlichsten Überzeugungsstrategien. Die Erkenntnisse wurden durch zahlreiche Studien bestätigt.

  • Überzeugen mit einfachen Kniffen

    Steve J. Martin, Noah J. Goldstein und Robert B. Cialdini zeigen anhand verschiedener Beispiele, welche einfachen – und kostenlosen – Veränderung in der Kommunikation erstaunliche Ergebnisse hervorbringen. Es geht also hier um kleine Unterschiede mit großen Wirkungen. Das Buch richtet sich zwar eher an Wirtschaftstreibende – aber auch Eltern können sich von den etablierten Tipps und Tricks eine Scheibe abschneiden. Und wenn nicht, dann durchschaut ihr wenigstens, wo und wie ihr überall genudget werdet.


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Auch dein regionaler Buchhandel bestellt das Buch gerne für dich! Denn: Wenn der letzte Laden verschwunden ist, das letzte Café geschlossen hat und alle Stadtviertel verwaist sind, werdet ihr feststellen, dass Online-Shoppen doch nicht so toll war! Buy local!

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Hier plaudert Birgit, alias Mutti, 40+, seit 2009 aus dem Nähkästchen: Authentizitäts-Freak, selbstbewusst grauhaarig, kreativ angehaucht, völlig unperfekte Mutter. Familienblog aus dem Leben mit zwei Jungs - Mutter allein unter Männern. Mehr über Muttis Nähkästchen: About. Nix verpassen? Folgt mir via Social Media oder Newsletter.

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Liebe Birgit, mein beliebtester WEIL-Satz in meiner Jahrzehnte langen Mama-Karriere *weil ich es sage*. Der hat oft gepasst und wurde auch respektiert. meistens. ? Liebe Grüße, bis bald, Claudia

  2. Sehr interessant. :)

    Ich stoße mich allerdings etwas hieran:
    „Wenn wir Eltern wollen, dass etwas getan wird, dann haben wir drei Möglichkeiten: (1) Es selbst tun, (2) dafür bezahlen oder (3) es den Kindern zu verbieten.“
    Ich bin ja immer noch für die gute alte Bitte zu haben. Wenn man die kooperationsbereitschaft der kleinen nicht zu sehr strapaziert und die Kinder merken, dass sie wirklich selbst entscheiden können, funktioniert das erstaunlich gut! Und ist nicht manipulativ.
    Der Punkt fehlt für mich in der Aufzählung. So als wäre der austausch auf augenhöhe bei kindern keine Option?

    Liebe Grüße, Sabrina

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