Kürzlich habe ich in den sozialen Medien eine Diskussion mitverfolgt, in der eine Mutter Tacheles redete. Sie sagte selbstbewusst von sich selbst: Ich bin ein Erziehungsrowdy! Was damit gemeint ist, warum es wichtig ist, unschöne Dinge sofort anzusprechen und was sie von aktuellen Erziehungs- und Nicht-Erziehungstrends hält, verrät sie im Interview:
Zwischenruf in eigener Sache:
Liebe Leute!
Willkommen am Familienblog "Muttis Nähkästchen"

Für alle, die uns noch nicht kennen: Hier plaudern Birgit und Christine aus dem Nähkästchen und schreiben über das (Über-)Leben mit Kindern.
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Auslöser für die Diskussion auf Facebook war eine Begebenheit am Schulhof: Eine selbsternannte „Markenpolizei“ kontrollierte am Schulhof die Labels der Kleidung anderer Kinder. Denn: „In“ ist nur, wer Markenkleidung trägt. Das konnte Sonja Winkler, die Mutter eines betroffenen Kindes, so nicht stehen lassen und machte sich online Luft.
Ich hab nachgefragt:
Du hast dir ordentlich Luft gemacht. Warum ist es wichtig, unschöne Dinge anzusprechen?
Ich werde auch mal laut, bin impulsiv, emotional und nicht alles, was ich von mir gebe, ist immer „pädagogisch wertvoll“ (wer auch immer das definiert). Ich bin mit Sicherheit keine „Über-drüber-Mama“, die aus jedem Scheiß ein riesen Drama macht. Leider haben mich aber einige Erfahrungen gelehrt, Dinge sofort dann an- und auszusprechen – umgehend dann, wenn sie passiert sind. Später kräht kein Hahn mehr danach. Denn wenn man Probleme, egal wie groß oder klein, nicht im selben Moment zu lösen versucht, wird es keine Suppe, die es auszulöffeln gilt, sondern ein Baggerteich!
Und ich bekomme einfach die Krise, wenn solche „Halbstarken“ meinen, sie könnten anders denkenden, fühlenden oder handelnden Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen vorsagen, wie der Hase läuft. Wenn man solche „Geschichten“ nicht im Keim erstickt, sein Kind nicht dahin gehend stärkt, sich im Bedarfsfall (verbal) „wehren“ zu können, ihm nicht den Rücken stärkt, zu ihm hält und aufzeigt, was „richtig“ und „falsch“ ist….ja dann…Gute Nacht, liebe Welt!
Welche Erfahrungen haben dich gelehrt, Dinge sofort anzusprechen?
Naja, es waren wohl vorwiegend eigene Erfahrungen, die ich als Kind bzw. Jugendliche machen durfte oder musste. Ich wurde mit meinen Problemen, egal wie klein oder groß sie in dem Moment für mich waren, nicht immer ernst genommen daheim. Außer von meiner Omi! Von meinen Eltern, speziell von meiner Mutter, wurde vieles mit einem Wink mit der Hand unbedeutend abgetan und mit einem „Ach!“ beschwichtigt. Sätze wie „Dann wehr‘ dich halt!“, „So schlimm wird schon nicht sein!“ oder „Und was soll ich jetzt machen?“, waren Standard. Ich fühlte mich oft alleine gelassen und nicht ernst genommen.
Ich habe mir immer selbst versprochen, meine eigenen Kinder ernst zu nehmen, aber Geschehnisse auch zu hinterfragen und mir im Bedarfsfall auch die „andere Seite“ anzuhören. Bei beiden meiner Kinder gab es nahezu im selben Alter zwei „schwerwiegende“ Vorfälle, die ich einfach nicht unter den Tisch kehren wollte/konnte. Beide Geschichten – so verschieden sie auch waren (an dieser Stelle bitte ich um Verständnis, das in diesem Rahmen hier nicht näher erläutern zu wollen) – haben mir/uns gezeigt, wie wichtig es ist, darüber auch offen gesprochen zu haben, da sich danach weitere „Opfer“ gemeldet haben, die vorher nicht den Mut dazu hatten.
Was läuft deiner Meinung nach schief, sodass Kinder auf die Idee kommen, eine Markenpolizei ins Leben zu rufen?
DIE Eltern, die solche „Rotzer“ heranziehen, sich dessen nicht bewusst sind, weil sie A) keine Zeit für ihre Kinder aufbringen (wollen) oder B) selbst solch gesellschaftliche Arschlöcher sind und ihre Kinder genau zu solchen auch heran erziehen – durch ihr eigenes Vorleben.
Du sagst von dir selbst, dass du ein „Erziehungsrowdy“ bist – wie kommt’s zu dieser Bezeichnung?
Der Titel „Erziehungsrowdy“ wurde mir von einer Freundin verliehen. (hihi) Das hat wohl damit was zu tun, dass ich eben Dinge immer kerzengerade anspreche und dieses „Herumeiern“ um gewisse Themen oder Verhaltensweisen einfach nicht mag. Da gibt es im speziellen eine Elterngruppe auf Facebook, in welcher ich auch Admin bin, wo es schon mal zu Diskussionen kommt, die einem die Schuhe ausziehen. Da frage ich mich schon ab und an mal, ob manche wirklich ihren Hausverstand beim Billa kaufen.
Grundsätzlich ist diese Gruppe aber echt toll und dient dem Austausch von jungen bzw. frischgebackenen Eltern und den „alten Hasen“. Wobei ich damit nicht sagen möchte, dass wir Eltern von älteren oder gar schon erwachsenen Kindern die Weisheit mit dem Löffel gefressen haben! Auch ich konnte schon viel von dieser Gruppe profitieren. Und wenn es nur das ist, dass man sich mal hin und wieder allgemein „auskotzen“, seinem Ärger oder Frust Luft machen kann. So wie ich das getan habe und uns beide nun zusammen geführt hat. Man merkt halt einfach auch, dass man mit seinen „Problemen“ nicht alleine ist und das reicht oft als Unterstützung bzw. fühlt man sich danach ein wenig besser.
Was machst du als „Erziehungsrowdy“ anders als andere Eltern?
Schwierig. Ich weiß eigentlich gar nicht, was genau ich so anders mache, als die anderen. (haha) Vielleicht sehe ich gewisse Dinge einfach nicht so verbissen. Für mich gibt es kein besser oder schlechter, denn ich bin der Überzeugung und in der Hoffnung, dass jeder Elternteil nach seinem besten Wissen und Gewissen für sein Kind handelt. Wir alle sind Menschen und wir machen Fehler. Aber aus denen sollte man eben lernen. Viele verlangen von ihren Kindern oft Dinge, die sie selbst nicht bereit sind zu tun. Auch kann man einen Fisch nicht danach beurteilen, ob er auf einen Baum klettern kann.
Wir dürfen unsere Kinder fördern, aber auch mal fordern. Von diesen unzählbaren Erziehungsratgebern und Studien rund um jede Kleinigkeit halte ich ziemlich wenig. Klar, kann man sich Ratschläge, Ideen oder Anregungen holen, das ist oft wichtig. Aber vielmehr sollten wir Eltern auf unser Bauchgefühl und unser Herz hören!! Das haben leider einige, um nicht zu sagen „viele“, schon verlernt.
Und noch was: nicht nur Kinder haben Trotzphasen oder mal einen schlechten Tag. Auch ich bin nicht immer happy-peppi unterwegs und strahle wie ein Honigkuchenpferd. Meine Kinder dürfen auch sehen, wenn es mir mal nicht gut geht. Wichtig in dem Moment: zu erklären, warum und weshalb man heute mal keine gute Laune hat– aber altersgemäß bitte!
Auch ich mochte nicht immer spielen, malen, basteln, aufräumen, etc. …
Kinder sollen sich auch mal alleine beschäftigen können, man muss sie nicht ständig bespaßen. Und JA, auch Langeweile haben gehört mal dazu. Sollen sie sich doch selbst mal was überlegen – das fördert die Kreativität. Um Astrid Lindgren zu zitieren:
„…und dann muss man ja auch noch Zeit haben, um einfach dazusitzen und vor sich hin zu schauen.“
Brauchen Kinder Grenzen?
Ich bin für Konsequenzen, wenn eines meiner Kinder was verbockt hat – egal wer diese setzt. Wenn es in der Schule passiert, ist es auch genauso Aufgabe der Lehrkörper, hier einen Strich drunter zu setzen. Wenn es daheim ist, liegt es an uns Eltern zu sagen „bis hier hin und nicht weiter!“
Ja, meine Kinder müssen auch mal was tun, was ihnen in dem Moment vielleicht nicht gerade in den Kram passt.
Was ist deine Meinung zu bedürfnisorientierter Erziehung?
Wenn ich das Wort „Bedürfnisorientiert“ höre, dreht es mir den Magen um! Denn JEDE Mama und JEDER Papa handelt – sofern sie/er Hausverstand und Herz besitzt – nach den Bedürfnissen ihrer/seiner Kinder!!! Und das bedeutet für mich nicht, dass der (liebevoll gemeinte) „Gschropp“ tun und lassen kann, was er/sie will! Von diesem „Tutzi-tutzi“ und „ach so arm“ und „mein Kind tut sowas aber nicht“-Blabla halte ich genau gar nix!
Du hast auch ein „Großkind“, das dem Teenager-Alter schon entwachsen ist. Ist Erziehung jetzt anders?
Hm. In vielen Dingen sind die beiden so grundverschieden und in anderen wieder so gleich. Ich finde, man kann „Erziehung“ sowieso nicht über einen Kamm scheren. Ich habe immer gedacht, ich würde meinen Jungen gleich „behandeln“, wie meine große Tochter, als sie in dem Alter war. Das geht aber nicht. Und das hat gar nichts mit den Geschlechtern zu tun, sondern mit den verschiedenen Charakteren.
Unsere Tochter war als Kleinkind und auch später als Jugendliche immer sehr „pflegeleicht“, wie man das so schön nennt. Sie hat schon im Alter von ein paar Wochen durchgeschlafen, hat immer alles gegessen, was man ihr vorgesetzt hat, war immer sehr bescheiden und genügsam (- das ist sie auch heute mit ihren knapp 20 Jahren noch!). Ein paar der üblichen Zickereien in der Pubertät, aber nichts „Dramatisches“. Um sie mussten wir uns eigentlich nie großartig „Sorgen machen“. Sie ist grundsätzlich eher die ruhigere, kann aber doch auch schon mal gut aufdrehen und ihre Meinung sehr willensstark vertreten. Gott sei Dank!!! Hehe!
Unser Sohn hingegen versetzte mich schon von klein auf immer wieder in Zustände permanenter Panik, hahaha. Er hatte weder Angst noch Gegner, dafür ein Dauer-Abo auf der Unfallambulanz. Er hat wirklich kaum was ausgelassen und ich brauchte oft Nerven wie Drahtseile. Aber wie heißt es so schön: „Der Mensch wächst an seinen Aufgaben.“
Auch jetzt, wo er mit seinen 12,5 Jahren mitten in der Pubertät steckt. Da kommt es schon mal zu kleineren „Machtkämpfen“. Grenzen austesten, eh klar. Aber das machen sie doch in jedem Alter! Nur halt auf andere Weise.
Man liest oder hört immer „Es ist nur eine Phase, die geht vorbei!“ – Ja, dann, wenn sie von der nächsten „Phase“ abgelöst wird.
Was ist dein Erziehungsstil?
Ich bzw. wir haben bzw. sind immer noch dabei, unsere Kinder so zu erziehen, dass sie mit offenen Augen, Ohren, vor allem aber offenen Herzens durchs Leben gehen. Respektvoll mit anderen umgehen, wertschätzen, was sie haben und auch darauf achten; sorgsam damit umgehen und hilfsbereit sind. Uns ist es wichtig, sie zu selbstständigen und eigenständig denkenden Geschöpfen zu „erziehen“ und ihnen vor allem soziale Werte vorzuleben.
Was können Eltern tun, um ihre eigenen Kinder zu stärken?
Was uns bleibt ist, unsere Kinder zu stärken und ihnen das vorzuleben: soziale Werte, Respekt, Wertschätzung, Anerkennung und vor allem SELBSTLOSE LIEBE!!!!
Über meine Interviewpartnerin:
Sonja Winkler aka. „Erziehungsrowdy“
Ich bin 43 Jahre alt – ich musste gerade nachrechnen, haha – bin verheiratet und habe zwei Kinder.
Meine Tochter wird in diesem Monat 20 Jahre alt (Oh mein Gott!), lebt und arbeitet seit Oktober 2018 in Salzburg. Mein Mama-Herz blutet noch oft. Ich vermisse sie sehr! Wir haben eine ganz besondere und innige Bindung. Wir sind wie die „Gilmore Girls“.
Mein Sohn ist zwölfeinhalb Jahre und seinem Alter von jeher schon weit voraus. Mit seinen – derzeit – 174,5 (auf die „Komma 5“ besteht er!) cm groß und hat Schuhgröße 44! Er ist ein Riese und riesig in allem, was er tut! Mittlerweile überragt er seine große bzw. nunmehr ältere Schwester um 2,5 (Achtung, bitte: „Komma 5“! hahaha) cm und das findet er natürlich besonders toll! Auf mich fehlen ihm aber noch 3,5 cm und da bestehe ICH auf die „Komma 5“! Ätsch!
Ich habe AHS-Matura (von der man sich nix kaufen kann – also bitte Leute, macht was gscheid’s!) und habe Englisch und Bildnerische Erziehung auf Hauptschullehramt studiert, leider ohne Lehramtsprüfung, aber das ist eine andere und sehr lange Geschichte. (Gerne auch noch mal hier: Macht bitte einen Abschluss!) Neben meiner Tätigkeit als Freie Redakteurin für ein Kärntner Frauenmagazin, als Inhaberin eines Kleinunternehmens im Textildruck (unter Klamotte’s Textildruck findet ihr mich auch auf Facebook) , Schriftführerin von Österreichs größtem Eishockeyfanclub (Anmerkung: KAC VIKINGS), Ehefrau, Mutter und Mädchen für Alles im Haus und Garten, bin ich sehr gerne kreativ. Egal ob Basteln, Heimwerken, Häkeln, Backen, Einkochen, das „füttern“ meines Blogs (- wenn ich Werbung machen darf? www.ichbinklamotte.wordpress.com) …
Vielmehr als nur ein Hobby ist für mich/uns das Eishockey. Ich entstamme einer Eishockeyfamilie und habe auch meinen Mann in der Eishalle kennengelernt. Der EBEL-Spielplan gibt uns eigentlich alles von Ende August bis – im besten Fall – Mitte/Ende April vor. Die Spieltermine haben Vorrang, nach ihnen werden andere Aktivitäten erst geplant. Wir sind da schon eine ziemlich verrückte Familie, haha.
Meine größte Herausforderung im Moment ist es, wieder einen „geregelten Job“ zu finden. Das ist in meinem Alter gar nicht mehr so einfach. Zu gerne hätte ich eine Fixanstellung in Teilzeit als Redakteurin oder kreatives Köpfchen in einer Werbeagentur.
Mein Ziel: irgendwann ein Buch zu schreiben, eine Sammlung meiner Kolumnen, oder so… den passenden Titel dafür gäbe es sogar schon. Zumindest in meinem Kopf.
Mein Traum: einmal über den großen Teich in die USA und nach Kanada zu reisen.
Mein größter Wunsch: meine Familie, Freunde und mich gesund zu wissen.
PS: Ich stehe auf schwarzen Humor, praktiziere Sarkasmus in seiner höchsten Form und LIEBE Kaffee!!!
Mein Motto dazu:
„Alles vor dem ersten Kaffee ist Notwehr!“
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Birgit & Christine
Eigenwerbung!
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Nicole
26 Juli 2019Erziehungsrowdy ein hervorragendes Wort. Ich musste sehr schmunzeln und der Text spricht mir förmlich aus der Seele! Endlich mal jemand der die Wahrheit spricht und dazu steht. Sehr Authentisch! Ich bin Erzieherin und Mutter von drei Töchtern ( 9,11,13) ….in meiner Einrichtung möchte ich manchmal Mütter “schütteln“ und fragen ob sie ihr gesprochenes auch selbst hören können. Aber das nur am Rande. ;-))
Bin ab sofort jedenfalls ein Fan!
Liebe grüße Nicole
Muttis Nähkästchen
29 Juli 2019Wir freuen uns sehr über jeden neuen Fan! Herzlich willkommen!
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