Viele Menschen entfremden sich im Laufe ihres Lebens von ihren Eltern: Jede fünfte Vater-Kind-Beziehung ist betroffen, bei Müttern ist es knapp jede zehnte. Eine Studie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und der Universität zu Köln zeigt auf, wie oft es zu einer Entfremdung zwischen Eltern und Kind kommt und welche Faktoren zu einer derartigen Distanzierung führen.
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Table of contents
- Entfremdung kommt häufiger vor als angenommen
- Der Umfang der Studie
- Was gilt als Entfremdung zwischen Eltern und Kindern?
- Zentrale Erkenntnisse
- Häufigkeit der Entfremdung : Vater-Kind-Beziehung häufiger betroffen
- Einflussfaktoren für Entfremdung
- Familienrollen und Geschlechterunterschiede
- Familiäre Werte und Einstellungen
- Herausforderung Patchwork
- Auswirkungen der Entfremdung
- Entfremdung oft nicht dauerhaft
- Entfremdung als gesunde Reaktion
- Entfremdung betrifft die ganze Familie
- Fazit: Wir ernten, was wir säen

Entfremdung kommt häufiger vor als angenommen
Die Entfremdung zwischen erwachsenen Kindern und ihren Eltern ist ein vielschichtiges und oft missverstandenes Phänomen. Die Studie, die im Journal of Marriage and Family veröffentlicht wurde, untersucht die Häufigkeit und Einflussfaktoren der Entfremdung zwischen erwachsenen Kindern und ihren nicht im selben Haushalt lebenden biologischen Eltern in Deutschland. Diese Forschung liefert wertvolle Einblicke in die Dynamik familiärer Beziehungen und zeigt, dass Entfremdung häufiger vorkommt, als bislang angenommen. Zudem wird deutlich, dass sie von verschiedenen sozialen, emotionalen und strukturellen Faktoren beeinflusst wird.
Der Umfang der Studie
Die Studie basiert auf zehn Erhebungswellen des Deutschen Beziehungs- und Familienpanels (pairfam). Dabei handelt es sich um ein 2008 gestartetes Beziehungs- und Familienpanel, das partnerschaftliche und familiäre Lebenssituationen in Deutschland untersucht. Die Studie analysiert Daten von über 10.000 Befragten.
Im Fokus steht die Frage, wie oft es zu einer Entfremdung zwischen erwachsenen Kindern und ihren biologischen Müttern und Vätern kommt, sowie die Faktoren, die zu dieser Distanzierung führen.
Was gilt als Entfremdung zwischen Eltern und Kindern?
Entfremdung wird in der Studie als entweder völliger Kontaktabbruch oder als emotionale Distanz zwischen Eltern und Kind definiert:
„Wenn Kind und Elternteil weniger als einmal im Monat Kontakt haben und sich dann auch noch emotional nicht nahestehen, bezeichnen wir das als Entfremdung.“
Prof. Dr. Oliver Arránz Becker, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU)
Zentrale Erkenntnisse
Häufigkeit der Entfremdung: Vater-Kind-Beziehung häufiger betroffen
Die Studie zeigt, dass etwa 20 Prozent der erwachsenen Kinder im Laufe ihres Lebens eine Phase der Entfremdung von ihren Vätern erlebten. Bei den Müttern waren es nur rund 9 Prozent. Dies verdeutlicht, dass Entfremdung in Vater-Kind-Beziehungen deutlich häufiger auftritt als in Mutter-Kind-Beziehungen.
„Dies lässt sich damit erklären, dass die Bindung zur Mutter oft enger ist als zum Vater.“
Prof. Dr. Karsten Hank, Universität zu Köln
Einflussfaktoren für Entfremdung
Zu den wichtigsten Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit einer Entfremdung beeinflussen, gehören einschneidende familiäre Ereignisse wie zum Beispiel:
- Trennung der Eltern,
- Auftreten neuer Partner:innen in der Familie oder
- Tod eines Elternteils
Stirbt ein Elternteil, beeinträchtigt das häufig die Beziehung zum anderen.
„Das ist durchaus überraschend. Man würde eigentlich vermuten, dass die Bindung nach einem solchen Ereignis enger wird, aber tatsächlich wird sie eher schlechter.“
Prof. Dr. Oliver Arránz Becker, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU)
Auch die Trennung der Eltern hat einen schlechten Einfluss auf die Eltern-Kind-Beziehung. Im Falle von Stieffamilien kommt ein weiterer Aspekt hinzu: Wenn die Beziehung zu einem Stiefelternteil schlecht ist, geht das häufig mit einer Entfremdung vom leiblichen Elternteil einher.
Außerdem stellte die Studie fest, dass Kinder, die von einem Elternteil entfremdet sind, eher dazu neigen, auch vom anderen Elternteil entfremdet zu sein. Dies unterstützt die Idee, dass Entfremdung oft eine Angelegenheit der gesamten Familie ist und nicht nur eine isolierte Beziehung betrifft.
Familienrollen und Geschlechterunterschiede
Es wurde deutlich, dass Beziehungen zu Vätern fragiler sind, insbesondere in Patchwork-Familien. Vor allem Töchter erleben häufiger eine Entfremdung von ihren Vätern oder von den neuen Partnern ihrer Mütter.
Familiäre Werte und Einstellungen
Erwachsene Kinder, die starke familiäre Werte vertreten und an das Prinzip des lebenslangen gegenseitigen Beistands zwischen Eltern und Kindern glauben, haben eine geringere Wahrscheinlichkeit, sich von ihren Eltern zu entfremden. Dies deutet darauf hin, dass persönliche Überzeugungen und kulturelle Erwartungen eine große Rolle bei der Aufrechterhaltung von Eltern-Kind-Beziehungen spielen.
Herausforderung Patchwork
Ein zentrales Ergebnis der Studie ist der Einfluss der Familienstruktur auf die Entfremdung. Kinder aus nicht intakten Familien, vornehmlich solche, die eine elterliche Trennung erlebt haben, berichteten häufiger von entfremdeten Beziehungen zu einem oder beiden Elternteilen. Die Anwesenheit neuer Partner (Stiefeltern) fügt eine zusätzliche Komplexität hinzu. Beziehungen zu Stiefeltern sind oft angespannter als zu biologischen Eltern.
Die Forschung zeigt auch, dass die Qualität der Beziehung zu anderen elterlichen Bezugspersonen eine Rolle spielt. Zum Beispiel erhöht eine belastete Beziehung zu einem Stiefelternteil die Wahrscheinlichkeit einer Entfremdung vom biologischen Elternteil. Umgekehrt kann eine gute Beziehung zu einem Stiefelternteil die Entfremdung vom biologischen Elternteil verringern.
Auswirkungen der Entfremdung
Entfremdung führt oft zu erheblichen emotionalen Belastungen, nicht nur für die direkt betroffenen Personen, sondern auch für andere Familienmitglieder. Sowohl Eltern als auch Kinder berichten von Gefühlen des Verlusts, der Isolation und des Stigmas im Zusammenhang mit der Entfremdung.
Entfremdung oft nicht dauerhaft
Die gute Nachricht für alle Betroffenen: Oft ist ein distanziertes Verhältnis jedoch nicht dauerhaft. In der Studie näherten sich in 62 Prozent der Fälle die Kinder ihrer Mutter wieder an und 44 Prozent ihrem Vater.
Entfremdung als gesunde Reaktion
Die Studie weist jedoch auch darauf hin, dass Entfremdung in manchen Fällen eine gesunde Reaktion auf toxische oder missbräuchliche Familienverhältnisse sein kann.
Entfremdung betrifft die ganze Familie
Für Fachleute in der Familienberatung und -therapie zeigt diese Forschung die Bedeutung eines systemischen Ansatzes in der Arbeit mit Familien. Entfremdung ist selten nur eine Angelegenheit zwischen zwei Personen, sondern oft das Ergebnis komplexer familiärer Dynamiken, die auch Beziehungen zu Geschwistern, Stiefeltern oder anderen Verwandten betreffen.
Quelle: Arránz Becker, O. & Hank, K.. Adult children’s estrangement from parents in Germany. Journal of Marriage and Family (2021). doi: 10.1111/jomf.12796
Fazit: Wir ernten, was wir säen
Die Ergebnisse dieser Studie unterstreichen die Komplexität der Entfremdung zwischen erwachsenen Kindern und ihren Eltern. Mit 20 Prozent der erwachsenen Kinder, die im Laufe ihres Lebens eine Entfremdung von ihren Vätern und 9 Prozent von ihren Müttern erleben, wird deutlich, dass dieses Phänomen einen erheblichen Teil der Bevölkerung betrifft. Faktoren wie elterliche Trennung, die Anwesenheit von Stiefeltern und allgemeine familiäre Dynamiken tragen wesentlich zur Entfremdung bei.
Ein Satz, der meiner Meinung nach eine große Relevanz hat, ist folgender:
Wir haben im Alter keinen Anspruch auf liebevolles Miteinander nur weil wir die Eltern sind. Wir ernten die Beziehungen, die wir über die Jahre hinweg gesät haben!
Darum macht es sehr viel Sinn in jede Menge Beziehungsarbeit (statt Erziehungsarbeit) mit den Kindern zu investieren. Einige Tipps dahingehend findet ihr nachfolgend:
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