Hand aufs Herz: Lasst ihr euch gerne herumkommandieren?
Aber wenn wir uns mal kritisch zuhören – was tun wir mit unseren Kindern? Herumkommandieren.
Und wenn wir ehrlich sind: mit mäßigem Erfolg …
Wie wir unsere Kinder verderben (inkl. versöhnlicher Entwarnung), wie Supportive Leadership funktioniert und wie es sich in der Erziehung anwenden lässt:
Zwischenruf in eigener Sache:
Liebe Leute!
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Voraussichtliche Lesedauer: 13 Minuten
Erst kürzlich habe ich einen hochinteressanten Vortrag vom bekannten Hirnforscher Gerald Hüther gehört. Erst war ich skeptisch, denn der gute Hüther wird durch die Gazetten gezerrt und hat zu fast jedem Thema Expertise auf Lager. ABER: Der Vortrag war höchst inspirierend! Und gleichermaßen wegweisend für Führungskräfte wie auch für Eltern.
Inhaltsverzeichnis
Teil 1: Wie wir unsere Kinder verderben
In Zukunft werden viele herkömmliche Jobs verschwinden. Eines wird aber immer gefragt bleiben:
Menschen mit Kreativität und der Lust, sich einzubringen.
Klingt banal, ist es aber nicht.
Denn heute wird zwar viel gearbeitet für viel Geld. Für diese Leistung wollen sich die Leute etwas gönnen. Der Rest ist den Leuten aber scheißegal! (Zitat Hüther)
Und gleichzeitig versauen wir die nächste Generation
Energiesparmeister Gehirn
Der Grund liegt in der Grundstruktur des Gehirns: es will Energie sparen. Alles, nur nicht anstrengen! Darum geht es schnell in die Verdrängung, will seicht unterhalten werden, will abgelenkt werden …
Das bringt uns nicht weiter – aber erstmal Ruhe in die Birne. (Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum Formate wie diese so gut funktionieren … leider.)
Schule als Kreativitätsfalle
Außerdem gewöhnen wir unseren Kindern die Kreativität und das Wollen gewissenhaft ab: Im Brei der Gleichaltrigen fördern wir Konkurrenz statt Gemeinsamkeit. Altersgemischte Gruppen würden hingegen Kooperation vorantreiben. Hüther spricht sich ferner dafür aus, dass Lehrer nicht bewerten sollten:
Schule sollte wie die Fahrschule funktionieren. Der Fahrlehrer erarbeitet mit dem Schüler alle Themen, für die Prüfung kommt aber eine externe Person.
Blöde Mama! Wie wir uns gegenseitig zum Objekt machen.
Kleine Kinder erleben sich erstmal wie den Nabel der Welt. Sie wachsen förmlich über sich selbst hinaus. Aber dann ist Schluss mit Weltentdeckung:
Das Kind wird vom Subjekt zum Objekt. Mama und Papa sagen ihm, wo’s lang geht. So geht das! So musst du das! Und so weiter.
Das Kindlein kann darauf auf zwei mögliche Arten reagieren:
- Blöde Mama!
Du machst mich zum Objekt [deiner Anweisung], also mach ich dich auch zum Objekt [meiner Bewertung]: Zieh die Schuhe an! – Blöde Mama!
Quasi: Auf eine „Beleidigung“ folgt die Retourkutsche.
Oder aber: - Ich bin blöd!
Ich mach mich selbst zum Objekt: Ich bin nicht gut genug, ich weiß nichts, ich kann das nicht, ich bin nicht schön, nicht liebenswert. Und so weiter und so fort …
Und wer Probleme mit sich selbst hat, hat auch Probleme mit anderen.
Diese angelernten Reaktionsmuster bleiben uns bis ins Erwachsenenalter erhalten. Manche entwickeln einen starken Fokus auf eine Reaktion. Ratet mal, was Donald Trump wohl als Kindlein gesagt hat … Andere wechseln hurtig und unberechenbar zwischen den beiden Polen hin und her.
Aber, alles halb so schlimm!
Hier kommt die Entwarnung:
Das Hirn kann sich jederzeit verändern!
Und es beginnt mit einem Lächeln!
Teil 2: Supportive Leadership für Führungskräfte
Die Qintessenz lautet:
Mitarbeiter einbeziehen, statt sie zu Befehlsempfängern zu degradieren!
Gerald Hüther sagt:
Wer beispielsweise noch immer davon überzeugt ist, dass sich durch mehr Druck auch mehr Leistung erzielen lässt und wer seine Mitarbeiter weiterhin zu Objekten seiner Erwartungen und Kontrollen, seiner Belehrungen und Anordnungen, seiner Bewertungen und Maßnahmen macht, braucht sich nicht zu wundern, dass es mit der Firma immer schlechter vorangeht und er mehr tragen und ertragen muss. (Quelle: Manager Magazin)
Denn: Die Zeiten, in denen Chefs alles überblickten, sind längst vorbei. Die Welt ist komplexer geworden.
Gehirngerechte Führung in Unternehmen
Laut Hüther funktioniert „gehirngerechte Führung“ in Unternehmen so:
- Neue Herausforderungen
Mitarbeiter sollten regelmäßig vor neue Herausforderungen gestellt werden. Das Gehirn gewöhnt sich sonst an Routineabläufe und wird „faul“. Es wird nicht angeregt, neue Lösungen zu suchen. Neue Herausforderungen könnten z.B. durch Jobrotation geschaffen werden. - Wissen vernetzen
Kreative Lösungen entstehen oft durch Neukombination von bestehendem Wissen. Mitarbeiter/-innen sollen sich daher unbedingt innerhalb des Unternehmens austauschen. Bereichsübergreifende Teams und Veranstaltungen bringen frischen Wind. Weit entfernte neuronale Netzwerke im Gehirn werden gleichzeitig aktiviert. - Positive Fehlerkultur
Fehler sollten nicht bestraft werden. Die Mitarbeiter werden dadurch verunsichert und haben Angst um den Arbeitsplatz. Das erzeugt archaische Notfallprogramme im Gehirn: Angriff, Flucht oder Erstarrung. Bye-bye Kreativität! Die reine Befürchtung von Sanktionen reicht aus, um kreative Leistungen zu blockieren. - Positive Erfahrungen
Führungskräfte sollten ihre Beziehung zu den Mitarbeitern durch Lob und Hilfestellung ausbauen. So werden positive Erfahrungen mit den entsprechenden Emotionen verknüpft und verschiedene Netzwerke gleichzeitig aktiviert und gekoppelt. Das verstärkt das Zugegehörigkeitsgefühl und steigert die Leistungsbereitschaft.
Siehe auch: Qualitäten der „supportiven“ Führungskraft
„Supportive Leadership ist ein Weg um Betroffene wieder zu Beteiligten zu machen. Abgesehen von der großen Zufriedenheit, die die Wertschätzung im Arbeitsprozess mit sich bringt, führt Supportive Leadership zu hoher Prozessqualität, nachhaltig guten Produkten und Dienstleistungen, sowie wirtschaftlichem Erfolg.“
Dr. Gerald Hüther
Ach übrigens:
Belohnung ist genauso falsch wie Bestrafung
Spätestens in den Videos wurde klar:
Dieses Führungsprinzip ist nicht nur für Unternehmen geeignet!
Teil 3: Supportive Leadership in der Erziehung
Und so lässt sich Supportive Leadership in der Erziehung anwenden:
#1 Fragen statt Tasks verteilen
Angenommen, es soll gemeinsam das Frühstück gemacht werden. Statt jedem Familienmitglied, konkrete Aufgaben zuzuteilen, sollten wir lieber mit Blick auf den leeren Tisch fragen:
Kinder müssen dann ihr eigenes Hirnkastl einschalten, können selbst Aufgaben wählen und so Verantwortung übernehmen.
Das ist Dünger für’s kreative Hirn!
Übrigens: Ich hab mir diese „Frühstücksfrage“ aus gedruckt und beim Esstisch gut sichtbar angebracht. Sie ist mein „Anker“, der mich an diese fragende Kommunikation mit den Kindern erinnert.
Ergo:
#2 Fragen statt belehren
Jede Antwort macht den Sack zu.
Jede Frage eröffnet neue Horizonte.
Daher Kinder Fragen stellen lassen – aber bitte nicht mit fixfertigen Antworten abfertigen. Denn:
Alles, das ihr dem Kind erklärt,
raubt ihm die Möglichkeit, es selbst herauszufinden!
#3 Einander in Würde begegnen
Würde gibt Kraft. Würde hilft uns, uns als Subjekte zu erleben.
Daher:
Andere in ihrer Würde achten. Gegenseitig in Würde stärken.
Übrigens: ALLE Lebewesen haben Würde. Auch der Regenwurm!
#4 Freies Spiel
Kinder entwickeln sich am besten, wenn sie frei, unbekümmert und nicht von Erwachsenen überwacht und gesteuert spielen können!
Wenn wir nach unseren Vorstellungen Kinder frühfördern, machen wir oft mehr kaputt, als uns lieb ist …
#5 Last but not least: Vertrauen
Und zum Schluss noch eine wichtige Bemerkung:
Bitte verwechseln Sie Supportive Leadership nicht mit antiautoritärer Erziehung. Denn: Antiautoritär bedeutet, dass Eltern ihre Verantwortung nicht wahrnehmen und selbst Kind bleiben.
Dieser Ansatz klingt interessant?
Dann ist das auch etwas für dich: Nudging: Erfolgreiche Erziehungstricks aus der Verhaltenspsychologie
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