Streit unter Geschwistern ist eine riesengroße Herausforderung für das Nervenkostüm der Eltern. Über die Jahre habe ich viele Erfahrungen gesammelt, viele Bücher und Empfehlungen gelesen und viele Fachleute befragt. Hier findet ihr alle Erkenntnisse zum Thema Geschwisterstreit: Tipps und Tricks, wie sich Eltern sich bei Geschwister-Streitigkeiten am besten verhalten.
Zwischenruf in eigener Sache:
Liebe Leute!
Willkommen am Familienblog "Muttis Nähkästchen"

Für alle, die uns noch nicht kennen: Hier plaudern Birgit und Christine aus dem Nähkästchen und schreiben über das (Über-)Leben mit Kindern.
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Inhaltsverzeichnis
- Geschwister: Ohne Chaos geht es nicht
- Geschwister-Streit vorbeugen
- Nicht immer eingreifen, wenn Kinder streiten
- Streit unter Kindern: Suche nach Verursachern bringt nichts!
- Verhalten bei Geschwisterstreit je nach Eskalaltionsstufe – ein Stufenmodell
- Generell hilft bei Geschwisterstreit: allgemeine Haltung der Eltern
- Trösten statt schimpfen: Unkonventionell reagieren bei Geschwisterstreit
- Spezialfall: Richtig reagieren bei typische Geschwisterstreitigkeiten zwischen Baby und Kleinkind
- Weitere hilfreiche Artikel rund um die Harmonie in der Familie

Geschwister: Ohne Chaos geht es nicht
Eben noch friedlichst miteinander gespielt, im nächsten Moment ist absolute Explosionsgefahr. Schnell und unberechenbar. Laut und nervenaufreibend. Immer wieder. Wegen Kleinigkeiten.
Geschwister. Kennt ihr das? Ich kenne das zur Genüge. ES STEHT MIR BIS DA! (Anm. d. Red.: Mutti zeigt dahin, wo hoffentlich nie ein Doppelkinn entsteht.) Aber es ist auch ganz normal, denn: Ohne Chaos geht es nicht.
Wenn die Kinder wieder mal aufs grauslichste aufeinander losgehen, dann sinken meine Nerven in die Knie. Sie brüllen, hauen, beflegeln sich auf unterstem Niveau. Und der Auslöser war wieder einmal eine Kleinigkeit.
STRESS FÜR MUTTI!
Dann passiert es schon mal, dass ich solche Artikel schreibe: Warum ich nie wieder mit meinen Kindern auf Urlaub fahre
Und auf Facebook bekomm ich dann bei den Kommentaren zu lesen (Rechtschreibung vom Original übernommen:
„Ich behaupte einmal,da hat es an entsprechender Erziehung gemangelt. Oder sind die Kids „überbehütet und überversorgt“? Dann bitte auch nicht wundern über das verhalten der Kinder.Ich finde es schon sehr lustig, wenn „Mama“ mit dem 2-jährigen Plagen im Supermarkt diskutiert, was eingekauft wird und was nicht. DAS sind die echten Versager im Leben!“
Der Alltag ist gnadenlos!
Ein Mantra hab ich mir in der Zwischenzeit zugelegt, das ich mir selbst in solchen Situationen vormurmle:
Das Kind lernt Frustrationstoleranz. Das Kind lernt Frustrationstoleranz. Das Kind lernt Frustrationstoleranz.
… und Mutti auch …
Aber der erfahrene Familienvater und -berater Jan-Uwe Rogge gibt mir recht: Nein, wir müssen nicht alles perfekt machen, können auch mal Fünfe grade sein lassen. Denn: Ohne Chaos geht es nicht!
Alle Geschwisterkinder streiten
Egal wie alt, egal welche Geschlechterkonstellation. Sogar der Altersunterschied ist größtenteils unerheblich.
Ergo: Kühlen Kopf bewahren!
Chaos ist das halbe Leben, und keine Familie ist perfekt!
Und Kinder kommen damit viel besser klar, als ihre besorgten Eltern annehmen. Und nicht vergessen:
Das Kind lernt Frustrationstoleranz. Das Kind lernt Frustrationstoleranz. Das Kind lernt Frustrationstoleranz.
Nicht reinziehen lassen
Ich lasse mich mittlerweile nicht mehr in die Streitigkeiten hineinziehen. Denn es ist schon was Wahres dran: Zum Streiten gehören immer zwei!
Wenn der eine kommt und petzt, was der andere nicht wieder Abartiges mit ihm angestellt habe (gehaut, gezwickt, getreten …), frage ich meist zurück: „Und du? Was hast du getan?“
Da kommt dann fast immer und promt: „Nix!“
Aber ich lass nicht locker: „Denk mal nach. Hast du was Gemeines gesagt? Oder vielleicht auch schon geschubst, getreten, gehaut?“
Und dann rücken sie meist mit der Wahrheit heraus – wohlweislich mit folgendem Nachsatz: „Aber nicht so fest wie er!“
Tja, auch Worte können verletzen.
Handgreiflich werden ist nicht OK – aber gemeine Worte sagen auch nicht!
Und dazwischen murmle ich mir zu:
Das Kind lernt Frustrationstoleranz. Das Kind lernt Frustrationstoleranz. Das Kind lernt Frustrationstoleranz.
Buchtipp: Das Buch ist bei weitem nicht neu (erschien 2001), aber immer noch von gnadenloser Gültigkeit: Es ist ein Plädoyer für die «Kunst des Durchwurstelns» in der Erziehung: Ohne Chaos geht es nicht: 13 Überlebenstipps für Familien
Erwartet euch keine konkreten Tipps (denn kaum eine Situation lässt sich verallgemeinern), sondern vielmehr Haltungen, die wir beherzigen sollten.
Kinder lernen voneinander – da gehört Auseinandersetzung, das Fluchen, das Hassen eben dazu. (Jan-Uwe Rogge)“
Es geht uns allen ähnlich …
Ach, und es ist doch immer wieder beruhigend zu hören bzw. zu lesen, dass es anderen Eltern sehr, sehr ähnlich geht. Und Vati sagt:
Es gibt keine Erziehungsmethode, die kleine Brüder davon abhält, ordentlich miteinander zu streiten. Wer das Gegenteil behauptet und eine geeignete und erprobte Methode auf Lager hat, könnte VIEL Geld verdienen.
… und er möge sich bitte umgehend bei uns melden! :-)
Streit zwischen Geschwistern: Die positiven Seiten
Streit zwischen den Geschwistern ist also etwas ganz Normales und hat auch seine guten Seiten:
- Streiten gehört zur Entwicklung dazu. Neben oben genannter Frustrationstoleranz lernen die Kinder auch den Umgang mit Neid und sich auch mit anderen freuen zu können. Empathie, nennt man das, glaub ich.
- Beim Streiten lernen die Kinder, ihre Meinung zu vertreten, sich durchzusetzen, Kompromisse zu schließen und sich wieder zu versöhnen – das ist wichtig auch im Umgang mit Menschen außerhalb der Familie.
Geschwister-Streit vorbeugen
Dieses Eltern-Verhalten kann Geschwister-Streitigkeiten (teilweise) vorbeugen – ganz umschiffen wird man diese unruhige See wohl nie können:
Keine Vergleiche
KEINE VERGLEICHE zwischen den Kindern – weder positiv noch negativ!
Statt unvorteilhaften Vergleichen „Warum kannst du XYZ nicht so wie dein Bruder tun?“
Besser:
beschreiben, was Sie sehen: „Ich sehe XYZ am Boden liegen.“ und/oder
beschreiben, was Sie fühlen: „Das stört mich!“ und/oder
beschreiben, was getan werden muss: „Bitte räum es weg.“
Statt vorteilhaften Vergleichen: „Du bist ordentlicher/besser/braver/etc. als dein Bruder.“
Besser:
beschreiben, was Sie sehen: „Ich sehe, dass du aufgeräumt hast.“
beschreiben, was Sie fühlen: „Das gefällt mir. Ich mag ein aufgeräumtes Zimmer.“
Kinder individuell behandeln
Kinder NICHT GLEICH, sondern INDIVIDUELL BEHANDELN!
Statt jedem die gleiche Menge zu geben „Hier hast du exakt so viele Weintrauben wie deine Schwester.“
jedem geben soviel er/sie braucht: „Willst du ein paar Weintrauben oder ganz viele?“
Statt gleiche Liebe zu demonstrieren „Ich liebe euch alle genau gleich!“
dem Kind zeigen, dass es auf besondere Art geliebt wird: „Du bist einzigartig auf dieser Welt. Niemand kann je deinen Platz einnehmen.“
Statt die gleiche Zeit zu geben: „Wenn ich XY min mit ihr verbringe, verbringe ich auch XY min mit dir.“
Zeit geben nach Bedarf: „Ich weiß, dass ich mir viel Zeit für die Hausübung deiner Schwester genommen habe. Das ist sehr wichtig für sie. Sobald wir fertig sind, höre ich mir an, was für dich wichtig ist.“
Kinder in keine Rolle drängen
DAS KIND IN KEINE ROLLE DRÄNGEN – weder die Eltern oder das Kind selbst noch die Geschwister!
Eltern drängen das Kind in eine Rolle:
Statt „Wo hast du den Ball versteckt? Warum bist du immer so gemein!“
besser: „Dein Bruder möchte seinen Ball zurück.“
Kind drängt sich selbst in eine Rolle:
„Ich weiß, ich bin böse!“
Eltern: „Du kannst auch nett sein!“
Geschwister drängen das Kind in eine Rolle:
„Du bist gemein! Papi, er gibt mir den Ball nicht!“
Eltern: „Versuch’s mal, anders auszudrücken. Du wirst überrascht sein, wie großzügig er sein kann!“
Siehe auch: Das Gemeinschaftsgefühl bei Geschwistern stärken
Quelle: Hilfe, meine Kinder streiten. Ratschläge für erschöpfte Eltern.
Nicht immer eingreifen, wenn Kinder streiten
Expert:innen raten: Nicht zu früh eingreifen! Ganz kontraproduktiv: Das Kind schon im Vorfeld aus der „Gefahrenzone“ bringen, wenn ein Konflikt droht.
Die Begründung:
Ein ganz wichtiger Lerneffekt geht flöten, wenn Mutti immer zur Stelle ist und schlichtet. Die Kinder müssen lernen, Konflikte auszuhalten und selbst zu lösen.
Auch lernen die Kinder die wichtige Lektion, Grenzen anderer zu akzeptieren und dass man sich im Leben eben nicht alles erlauben kann: Wenn ich den großen Bruder immerzu ärgere, obwohl er schon zig mal gesagt hat, ich soll das lassen, dann muss ich eben damit rechnen, dass ich mal eine auf die Rübe krieg …
Kinder, denen immer alles abgenommen wurde, laufen Gefahr, dass sie im späteren Leben schwere Defizite haben, z.B.:
- mangelnde Konflikt- und somit Beziehungskompetenz: Sie sind und waren immer Prinzen oder Prinzessinnen und handeln auch als Erwachsene so: rücksichtslos und egozentrisch.
Oder: Sie zerbrechen an der kleinsten Herausforderung. - mangelnde Selbständigkeit, denn es kam ja immer gleich die Mama gelaufen …
Expert:innen raten außerdem, niemals Partei zu ergreifen – es sei denn, das eine Kind ist dem anderen haushoch überlegen: Wenn ein Vierjähriger das Baby plagt, müssen die Eltern natürlich handeln.
Dies gilt auch, wenn der Streit derart eskaliert, dass es zu gegenseitigen körperlich bedrohlichen Angriffen kommt. Dann gilt es, sofort und energisch zu reagieren: So nicht! Es darf niemand verletzt werden! Siehe weiter unten: Verhalten bei Geschwisterstreit je nach Eskalaltionsstufe – ein Stufenmodell. Wenn sich alle wieder beruhigt haben, wird die Sache geklärt. Ansonsten ist es aber Aufgabe der Kinder, den Streit, den sie begonnen haben, auch zu einem Ende zu bringen und sich wieder zu vertragen – bis zum nächsten Mal.
Also sitze ich teilweise mit zusammengekniffenem Gesicht da und halte die Streitereien meiner Kinder aus. Und siehe da! Manchmal funktioniert es wunderbar und die beiden lösen das Problem ganz ohne Mama. Aber leider eskaliert die Situation noch recht oft (meine Kinder sind ja auch noch recht klein, speziell das kleine) – und da heißt es dann einschreiten!
Streit unter Kindern: Suche nach Verursachern bringt nichts!
Welche Mutter (welcher Vater) kennt das nicht: Das Kind steht in Form eines heulenden Elends vor einem und beschwert sich völlig aufgelöst: „Der (oder die) Dingsbums hat mich geschubst, gehaut, ge-was auch immer.“ Das andere Kind steht etwas abseits und verteidigt sich lautstark: „Aber er/sie hat angefangen. Er/sie hat mich zuerst geschubst!“ Darauf wieder das eigene Kind: „Ja, weil er/sie frech zu mir war.“ Und so weiter und so fort …
Als Elternteil ist man dann geneigt, ein Kind – oft das jüngere oder bei unterschiedlichen Kindern das eigene Kind – in Schutz zu nehmen. Doch so einfach ist die Sache oft nicht – wer wirklich angefangen hat, lässt sich oft nicht 100-prozentig eruieren. Wie also reagieren?
Kinder bleiben sich meist nix schuldig – und einseitige Schuld gibt es meistens nicht. Der eine war frech, der andere provokant, dann wurd’s lauter und schließlich handgreiflich. Oft schaukelt sich ein Konflikt aus Kleinigkeiten auf.
– Und seien wir ehrlich: Das gilt sowohl für Kinder, wie auch Erwachsene und sogar ganze Nationen …
Ich habe für mich beschlossen, dass ich die wechselseitigen Schuldzuweisungen beende, weil sie zu nix führen. Solche Diskussionen führen meist vom Hundertsten ins Tausendste.
Ich nehme den Konflikt ernst, aber ich interessiere mich nicht wirklich dafür, wer nun der ursächliche Verursacher ist. Ich beziehe klar Stellung, dass ich weder Beleidigungen noch Handgreiflichkeiten aller Art gut finde – von allen Kindern. Das entzieht der Diskussion schon viel Boden, da jeder Beteiligte sein Schäufelchen beigetragen hat. Dann schaue ich, dass sich die Kinder (falls nötig mit meiner Vermittlung) wieder vertragen.
Verhalten bei Geschwisterstreit je nach Eskalaltionsstufe – ein Stufenmodell
Buchtipp: Hilfe, meine Kinder streiten. Ratschläge für erschöpfte Eltern. Ich empfehle unbedingt, dieses Buch zu lesen. Es macht die Zusammenhänge wunderbar klar und die einzelnen Empfehlungen bleiben garantiert hängen.
Stufe I: Normales Geplänkel
- Ignorieren
Und an den nächsten Urlaub denken …
Sagt euch, die Kinder seien gerade mitten in einer wichtigen Übung für Konfliktlösung.
Stufe II: Die Situation verschärft sich
Einmischung eines Erwachsenen könnte helfen:
- Die Wut beider Kinder anerkennen:
„Das hört sich an, als wärt ihr furchtbar sauer aufeinander.“ - Über den Standpunkt jedes Kindes nachdenken:
„Du willst das Kätzchen weiter auf dem Arm halten, weil es sich gerade so schön hineingekuschelt hat. Und du findest, dass du jetzt auch mal an der Reihe bist.“ - Problem ernst nehmen, es beschreiben:
„Das ist ganz schön schwierig: zwei Kinder und nur ein Kätzchen.“ - Gefühl vermitteln, dass die Kinder selbst eine Lösung finden können:
„Ich vertraue darauf, dass ihr zwei selbst eine Lösung findet, die euch beiden fair erscheint – und die auch fair gegenüber dem Hund ist.“ - Zimmer verlassen.
Stufe III: Die Situation ist potenziell gefährlich
- Spaß oder Ernst?
„Ist euer Kämpfen noch Spaß oder ist das Ernst?“ – Spaß-Rangeleien sind erlaubt, richtige Kämpfe nicht. - Kämpfe nur in beiderseitigem Einverständnis
Machen Sie den Kindern klar:
„Kämpfe zum Spaß nur in beiderseitigem Einverständnis“ – wenn es nicht beiden Spaß macht, muss es aufhören.
Stufe IV: Die Situation ist wirklich gefährlich
Intervention von Erwachsenen ist notwendig
- Beschreiben, was ihr seht:
„Ich sehe zwei wütende Kinder, die sich gleich furchtbar weh tun könnten.“ - Kinder trennen:
„Zusammen bleiben ist jetzt zu gefährlich. Wir brauche Zeit zum Abkühlen. Du in dein Zimmer und du in deins.“
Quelle: Hilfe, meine Kinder streiten. Ratschläge für erschöpfte Eltern.
Generell hilft bei Geschwisterstreit: allgemeine Haltung der Eltern
Gefühle ernst nehmen und Verständnis zeigen
- die Emotion des Kindes mit Worten beim Namen nennen:
„Du klingst ziemlich wütend.“ und/oder - die Wünsche des Kindes ausdrücken:
„Du möchtest, dass er dich fragt, bevor er deine Sachen nimmt“ und/oder - Vorschläge für symbolische oder kreative Möglichkeiten:
„Häng doch ein Schild mit ‚Privateigentum‘ an deinen Schrank“
Reagieren bei Geschwisterstreit: Verständnis statt schimpfen – ein Beispiel
Damals im „Doppelsitzer“ (unser Radanhänger für zwei, den man auch als Kinderwagen verwenden kann): Das Baby liegt in der Babyschale, das „große“ Kind sitzt daneben. Wie immer kommt es zum Konflikt, weil Babys Hand dem Großen zu nahe kommt. Die Situation eskaliert, als Baby dem Großen in gewohnt grober Manier in Gesicht fasst.
Meine Reaktion bisher: „Großes Kind, du weißt, dass Baby seine Kräfte noch nicht wirklich im Griff hat – sei nachsichtig, Baby muss das alles erst lernen.“ Und zum Baby: „Baby, sein zärtlich zu deinem Geschwisterchen.“ Als die Auseinandersetzung im Wagen weitergeht und das große Kind laut und handgreiflich wird: „Wenn das Gestreite nicht aufhört, muss einer von euch beiden aussteigen.“
Gebracht hat das alles – außer etwas heiße Luft – nicht wirklich was. Dann las ich (wieder Mal) in Jesper Juuls Das kompetente Kind: Auf dem Weg zu einer neuen Wertgrundlage für die ganze Familie und beim nächsten Mal reagierte ich wie folgt:
Ich blieb stehen und schaute meinem großen Kind verständnisvoll ins Gesicht: „Ich weiß, das Baby sehr grob sein kann und dass dich das stört. Was können wir tun, damit das nicht wieder passiert?“ – „Wie wäre es, wenn du sanft seine Hand hälst, dann kann Baby nicht mehr in ein Gesicht langen.“ Was soll ich sagen? Die Fahrt wurde einträchtig, Händchen-haltend und ohne weiteres Gezeter und Geschrei fortgesetzt.
Eine Belehrung und der Appell an das größere Kind bringen es und damit uns alle nicht weiter. Ernst nehmen und Verständnis zeigen – das ist das Rezept, dafür appelliert auch Maria Neuberger-Schmidt in ihrem Buch Erziehung ist (k)ein Kinderspiel
Kinder daran hindern, dass sie Schmerzen verursachen
- „Halt, Menschen soll man nicht weh tun!“
Zeigen, wie man gefahrlos dem eigenen Ärger Luft machen kann
Denn: Gute Beziehungen zwischen Geschwistern erzwingen zu wollen, führt dazu, schlechte Gefühle freizusetzen.
- „Sag ihm mit Worten, dass du wütend bist!“
Trösten statt schimpfen: Unkonventionell reagieren bei Geschwisterstreit
Eltern schimpfen meist instinktiv mit dem Kind, das – ihrer Meinung nach – angefangen hat, das dem anderen etwas weggenommen oder es verletzt hat. Oft lässt sich die „Täterschaft“ aber nicht eindeutig rekonstruieren – ist ist wie oben bereits angemerkt auch nur wenig sinnvoll. Das geschimpfte Kind fühlt sich ungerecht behandelt.
Und wenn immer nur dem größeren Kind die Schuld in die Schuhe geschoben wird, weil sich das kleinere ja noch nicht so gut wehren könne, kocht schnell die Eifersucht hoch! Daher die Empfehlung für die „unkonventionelle Tröster-Methode“:
Trösten statt schimpfen
Diese Methode ist definitiv einen Versuch wert:
Wenn sich zwei streiten, dann nicht mit dem „Angreifer“/der „Angreiferin“ schimpfen, sondern das Opfer trösten.
Das Opfer, dem weh getan wurde oder dem das Spielzeug weggenommen wurde, bekommt intensive Aufmerksamkeit:
- Handelt es sich um eine kleine Verletzung, wenn das Kind z.B. gehauen oder geschubst wurde, kann man das Kind in den Arm nehmen und zärtlich drücken. Gemeinsam geht man dann zum Kühlschrank, um die Verletzung zu kühlen. Auch ein
- Wurde dem Kind etwas weggenommen, bekommt das Kind etwas als Ersatz. Vielleicht etwas, das es sonst nicht haben darf.
Das andere Kind bekommt hingegen keine Aufmerksamkeit – außer es braucht ebenfalls Trost. In einem Nebensatz könnte man erwähnen, dass das Kind eben noch lernen müsse. Lernen, dass man schubst, haut oder beißt.
Aggressives Verhalten zahlt sich nicht aus
Der kleine Angreifer lernt daraus, dass sich aggressives Verhalten nicht auszahlt. Denn das Opfer bekommt die ungeteilte Aufmerksamkeit von den Eltern. Für das andere Kind hat sich der Streit hingegen überhaupt nicht gelohnt: kein Aufruhr, keine brüllende Mutter, keine Aufmerksamkeit. Ganz im Gegenteil: Es profitiert das Geschwister-Kind vom Streit.
Quelle: Elternwissen kompakt 7.5.2010, Newsletter der immer wieder genialen Seite elternwissen.com
Nachsatz: Aber Vorsicht!
Diese Methode kann auch kräftig nach hinten losgehen. Denn kleine Kinder lernen schnell, das zu ihrem Vorteil in Szene zu setzen. Dann wird potenziell das kleinere Geschwister-Kind zum „Schwalben-Meister“. Wie die Fußballer im Strafraum – Hauptsache am Ende gibt es Elfmeter. Wir hatten jedenfalls einen sehr wehleidigen kleinen Bruder im Haus, der die Krokodilstränen perfektioniert hat.
Vielleicht könnte das weiterhelfen – auf diesen Tipp bin ich kürzlich gestoßen: Harmonie in der Familie: Die Rolle der richtigen Sitzordnung bei Tisch. Wir sitzen jetzt anders bei Tisch … und ich wage zu behaupten, es hilft!
Spezialfall: Richtig reagieren bei typische Geschwisterstreitigkeiten zwischen Baby und Kleinkind
Kaum wurde mein zweites Kind halbwegs mobil, begannen folgende Schwierigkeiten:
- Baby auf Zerstörungstour: Konstruktionen des großen Kindes werden auseinander genommen.
- Baby will genau das haben, was das große Kind gerade in der Hand hat.
- Großes Kind will genau das haben, was Baby gerade in der Hand hat.
Das rät die Entwicklungspsychologin
Rat einer Entwicklungspsychologin, wie wir (speziell in den ersten beiden Fällen) am besten darauf reagieren sollen:
Babys Hand wegnehmen und sagen
„Das kannst du jetzt nicht haben.“
oder
„Das gehört dem großen Kind.“
Die Erklärung dazu:
- Baby sieht etwas und der „Will-haben-Reflex“ schießt sofort in die Hand.
- Eltern sollen eingreifen, denn dann fühlt sich das größere Kind beschützt (es muss ohnehin viele Entbehrungen durch den Neuankömmling hinnehmen)
- Hand wegnehmen, kurze Erklärung dazu (lange Erklärungen bringen beim Baby noch nichts).
- Baby wird frustriert kreischen, aber auch der Umgang mit Frust will gelernt werden!
- Das Baby aber dann nicht einfach ablenken, denn sonst geht der Lerneffekt flöten.
Umgekehrt dulde ich auch nicht, wenn das große Kind dem kleinen einfach etwas aus der Hand reißt, nur weil es damit jetzt selbst spielen möchte.
Schutzzonen erklären
Dem ersten Problem versuchen wir dadurch aus dem Weg zu gehen, dass ich das große Kind bitte, sensible Bauten im eigenen Zimmer (denn da ist das große Kind der uneingeschänkte Chef) bzw. im Spielzimmer aufzubauen, während im Wohnzimmer das Baby – bis auf zwei, drei markante „Neins“ – alles entdecken, ausräumen und begreifen darf.
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