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Sind Autisten gefühllos?

Sind Autisten gefühllos?

Ein Kommentar auf den Artikel Ein Asperger-Kind erziehen und begleiten hat mich enorm aufgewühlt. Die kommentierende Person hofft, dass Menschen mit dieser Störung selbst nicht versuchen, Kinder großzuziehen. Denn: „Gefühllose“ und empathielose Eltern braucht kein Mensch.
Als Betroffene muss ich sagen: Das tut weh.
Außerdem: Sind Menschen mit Autismusspektrumstörung (ASS) wirklich gefühlskalt und nicht empathisch?
Ich habe recherchiert. Das sagt die Wissenschaft:


Zwischenruf in eigener Sache:

Liebe Leute!
Willkommen am Familienblog "Muttis Nähkästchen"

Birgit und Christine von Muttis Nähkästchen

Für alle, die uns noch nicht kennen: Hier plaudern Birgit und Christine aus dem Nähkästchen und schreiben über das (Über-)Leben mit Kindern.

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Mein Sohn ist ein Asperger-Autist.
Ja.

Mein Sohn ist von anderen Menschen schnell überfordert?
In der Tat.

Aber: Mein Sohn ist gefühlskalt?
Niemals!

Er hat sich schon im Kindergarten aus allzu menschlichen Situationen rausgehalten. Zu viele Menschen wurden ihm rasch zu laut, zu unberechenbar, zu viel. In herausfordernden Situationen hat er sich lieber auf die Couch gelegt und sich schlafend gestellt. Allzu emotionale Themen hat er abgeblockt.

So hat er zum Beispiel eine Hausaufgabe tagelang verweigert. Er musste eine Seite Text lesen und dann zwei Fragen dazu beantworten.
Hat er nicht gemacht.
Warum?
Weil der Text einen höchst emotionalen Inhalt hatte. Es ging um eine Familie, die einen Hund aussetzt. Die Fragen dazu lauteten: „Was glaubst du, fühlt der Hund?“ und „Was denkst du dabei?“ Die Reaktion meines Kindes: „Dazu kann ich nichts denken!“ … im wahrsten Sinne des Wortes übrigens. Krampfhaft hat er versucht, das Thema von sich fernzuhalten und nur ja keine emotionale Reaktion zu zeigen. Innerlich hat es ihn aber ordentlich gebeutelt, was an seiner Körpersprache abzulesen war.

Sind Autisten gefühllos?
Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse

Autisten sind möglicherweise im Umgang mit negativen Gefühlen anderer schlichtweg überfordert und schotten sich daher ab.

Quelle: derstandard.at

Reduzierte Empathiefähigkeit war lange ein wichtiges Diagnosekriterium für eine Autismusspektrumsstörung. Nun löst sich die Forschung zunehmend vom Klischee des „emotional unfähigen Psychopathen“. Eine Studie der Uni Wien zeigt Hinweise auf, dass Autisten schneller überfordert werden, wenn sie bei anderen starke Emotionen wahrnehmen. Um dieser Überforderung vorzubeugen, versuchen viele Betroffene solche Wahrnehmungen zu blockieren.
Publikation: From shared to distinct self–other representations in empathy: evidence from neurotypical function and socio-cognitive disorders

In eine ähnliche Kerbe schlägt eine Studie aus Italien:

Das Verständnis von Gefühlen ist bei der Alexithymie gestört. Lange wurde diese Störung mit autistischen Symptomen verwechselt. Anders als bei Alexithymie ist bei Autismus die Fähigkeit gestört, anderen Menschen geistige Zustände und Gedanken zuzuordnen. In der Fachsprache: Theory of Mind. Freilich kommt Alexithymie bei Autisten häufiger vor als bei neurotypischen Personen. Es ist also nicht leicht, die beiden Diagnosen auseinanderzuhalten. (Quelle: diepresse.com)

Entwarnung: Autisten sind nicht automatisch gefühllos!

Es gibt also Entwarnung. Autisten sind nicht notwendigerweise gefühllos. Aktuelle Forschung bestätigt, was viele Betroffene schon lange vermutet haben.

Bleibt die Frage:

Dürfen Autisten Eltern werden?

Ja, herrje, warum denn nicht?
Alles andere klingt nach „Aussiebung“ und „Reinhaltung“ — ach, ich darf da gar nicht weiterdenken. Ich glaube, ihr wisst, was ich meine.

Und letztendlich:

Sind wir nicht alle ein bisschen autistisch?

Seit ich mich – als betroffene Mutter – eingehender mit der Thematik befasst habe, habe ich auch bei mir selbst einzelne autistische Merkmale entdeckt. Und dennoch bin ich eine hinreichend gute Mutter – und erfolgreich im Beruf. Und eine gute Partnerin für meinen Mann obendrein.

Autistische Merkmale sind fließend. Diese Einschätzung hat auch eine namhafte Autismusexpertin bestätigt. Wir haben sie damals gefragt, wo den die „Grenze“ sei. Ab wann wird eine Diagnose gestellt – und was gilt noch als „normal“? Ihre Aussage: Eine Diagnose kommt dann in Frage, wenn es massive Probleme mit der Umwelt gibt. In unserem Fall war das die Schule.

Aber selbst die Diagnose ist kein Stempel für die Ewigkeit. Viele Personen mit Autismusspektrumstörung (ASS) können viel über ihren Verstand lernen. Dann ecken sie auch nicht mehr so arg an.

Unser Sohn besucht jetzt z.B. ein Gymnasium. Und er meistert diese Veränderung – neue Schule, neue Lehrer, neue Klassenkollegen – bis dato ganz hervorragend!

Fazit:
Davon, dass alle in einen Topf geworfen werden, hat niemand was!

Ich habe unseren Weg zur Asperger-Diagnose auf diesem Blog begleitet – in der Hoffnung, dass sich auch andere betroffene Eltern Anregungen holen können. Hier findet ihr alle Artikel zum Thema Autismus: Kinder mit Autismus. Besonders ans Herz legen möchte ich euch die folgenden Artikel:

 


Mehr zum Thema Autismus und Asperger

Wir sind Betroffene.
Vielleicht können andere Betroffene von unseren Erfahrungen profitieren:


Ein paar Hilfsmittel und Lösungsstrategien, die wir uns mit der Zeit zusammengesucht und ausprobiert haben:


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Birgit

Hier plaudert Birgit, alias Mutti, 40+, seit 2009 aus dem Nähkästchen: Authentizitäts-Freak, selbstbewusst grauhaarig, kreativ angehaucht, völlig unperfekte Mutter. Familienblog aus dem Leben mit zwei Jungs - Mutter allein unter Männern. Mehr über Muttis Nähkästchen: About. Nix verpassen? Folgt mir via Social Media oder Newsletter.

Dieser Beitrag hat 6 Kommentare

  1. Hallo liebe Mutti,

    als ich vor einem Jahr suchte warum mein Sohn solche Probleme in der ersten Klasse hat, bin ich auf deinen Blog gestoßen. Das erste Mal, dass ich meinen Sohn irgendwie wieder erkannte. Mittlerweile haben wir die Diagnose Asperger erhalten.

    Was du da schreibst geht mir sehr ans Herz. Erst vor zwei Tagen hat mein Sohn mir beim ins Bett gehen gesagt, dass er sich so freut, wenn er selbst mal ein Baby hat. Er hat sich dann korrigiert und meinte, natürlich nicht ich kriege das Baby sondern meine Frau, wenn ich geheiratet habe. Ich fand das so süß, zum dahinschmelzen. Warum sollte dieser tolle Junge nicht wieder so tolle Jungs bekommen.

    Alles was du beschrieben hast ist aus meiner Sicht völlig richtig. Unser Sohn liebt uns sehr und seine Schwester auch. Manchmal ist es fast zu viel Liebe und er kann sich gar nicht trennen.

    LG

    1. Danke, liebe Anni!
      Dein Feedback tut wirklich gut! Genau darum schreibe ich über diese doch sehr persönliche Herausforderung – weil ich ehrliche Erfahrungsberichte mit anderen Betroffenen teilen möchte. Und wenn es nur einer Familie weiterhilft, dann habe ich mein Ziel schon erreicht :-)

  2. Das kann nur jemand sagen, der solche Kinder nicht kennen gelernt hat ;)

  3. Hallo,
    seit Tagen möchte ich hierzu einen Kommentar verfassen. Bin aber schlicht sprachlos. Nun habe ich beschlossen, bevor ich versuche etwas zu beweisen, was ich gar nicht beweisen muss, einen anderen Weg zu gehen. Ist es möglich, einen direkten Kontakt zu Anni zu bekommen. Unser Sohn ist ebenfalls in der zweiten Klasse. Falls Anni möchte würde ich mich gerne mit ihr austauschen. Liebe Mutti, ist das machbar?

    1. Liebe Anja,
      ich befürchte, das wäre Privatsphäre-technisch bedenklich, wenn ich die E-Mail-Adresse weitergebe … da hätte ich enormes Bauchweh bei der Sache (mal abgesehen davon, welches Bauchweh mir der Kommentar sowieso bereitet …)
      Vielleicht magst du einfach auf ihren Kommentar antworten – dann kann sie selbst entscheiden, ob sie darauf reagieren will.
      Liebe Anja, ich hoffe, du verstehst …

  4. Hallo liebe „Muttis Nähkästchen“, Durch Zufall – ein Artikel auf einem ander Blog – brachte mich auf Ihre Seite und wie es eben so ist, passieren oft die besten Dinge durch Zufall. Ich werde in nächster Zeit immer mal wieder alte Beiträge von Ihnen lesen, die neuen bekomm ich ja jetzt zum Glück per Mail automatisch, und so hoffentlich auch immer wieder das eine oder andere für mich selber und unseren Sohn Valentin dazu lernen – Valentin ist nicht diagnostizierter Autist, ein sogenannter Grenzgänger, gerade 10 Jahre alt geworden und ein Leben ohne ihn oder ohne seine Einzigartigkeit kann ich mir gar nicht mehr vorstellen. Ich finde es grandios, was wir von unseren Kindern lernen können. Vielen Dank für Ihre Beiträge. Eine schöne Adventszeit und alles Gute für Sie und Ihre Familie.

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