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Schulsport als Horror: Was läuft schief im Sportunterricht?

(c) iStock/Drazen Zigic

Schulsport als Horror: Was läuft schief im Sportunterricht?

Oh! Mein! Gott! Ein Artikel über den viel verbreiteten Frust beim Schulsport hat mich in Mark und Bein getroffen! Denn nicht selten erzeugt dieses Schulfach alles andere als Freude an Bewegung! Mit dieser Erfahrung bin ich nicht allein! Und auch meine Kinder nicht.
Was schiefläuft im Sportunterricht und wie es besser laufen könnte.


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Voraussichtliche Lesedauer: 9 Minuten


Schulsport als Horror! Das läuft schief im Sportunterricht


Meine Geschichte: Mutti und der Sportunterricht

Kennt ihr das auch? Immer wenn Sport – bzw. damals hieß es noch „Leibesübungen“ – am Stundenplan stand, breitete sich in meiner Körpermitte so ein ungutes Gefühl aus. Wenn wieder Teams gewählt wurden, war ich ganz sicher nicht vorne dabei bei den begehrtesten Teammitgliedern. Ich war eben keine Gewinn-Garantin – schon gar nicht im Völkerball (ein Spiel, das Kanadische Forscherinnen und Forscher 2020 als ethisch höchst zweifelhaft bewertet haben!) Mit meinen etwas zu klein geratenen Händen und Fingern konnte ich nie den Ball ordentlich greifen, geschweige denn gekonnt werfen. Wenn wieder einmal Geräteturnen am Programm stand, haben die „Könner-Kinder“ brilliert. Ich und noch ein paar andere sind üblicherweise beim Felgeaufschwung wieder mal vollumfänglich und natürlich vor versammelter Mitschülerinnenschaft gescheitert. Auch in der Leichtathletik beim Hoch- und Weitsprung sowie bei jeder möglichen Laufstreckenlänge war ich in den Ergebnislisten eher im unteren Drittel zu finden.

Mein Gefühl damals: hier bekomme ich nur meine körperlichen Unzulänglichkeiten vorgeführt – ich entspreche nicht dem Ideal und werde dem auch nie entsprechen. Oft genug habe ich Ausreden gesucht und auch gefunden, damit ich vom Sportunterricht befreit werde. Einmal war ich sogar für ein ganzes Jahr befreit. Mein großes Fazit: Ich bin unsportlich! Sport ist nichts für mich!


Ziel des Schulsports

Klar, Bewegung ist gesund! Das ist allgemein bekannt und hilft auch beim Lernen: Wie Bewegung und Lernerfolg zusammenhängen

Auch die offizielle Definition schlägt in diese Kerbe:

Der Schulsport orientiert sich mit seinem spezifischen Bildungsauftrag schulstufen- und schulformübergreifend an dem Doppelauftrag zur Entwicklungsförderung durch Bewegung, Spiel und Sport und zur Erschließung der Bewegungs-, Spiel- und Sportkultur. Das pädagogische Anliegen ist es, den Schülerinnen und Schülern die Freude an der Bewegung sowie die Bedeutung sportlicher Aktivitäten für die eigene Gesundheit zu vermitteln.

Quelle: Gemeinsame Handlungsempfehlungen der Kultusministerkonferenz und des Deutschen Olympischen Sportbundes zur Weiterentwicklung des Schulsports 2017 bis 2022

Nur, warum gelingt es oft nicht?


Schulsport: Frust statt Lust

Der Artikel „Trauma Schulsport“ in Gehirn&Geist 9/2022 beschreibt genau meine Erfahrungen. Und er zeigt mir – nach über 30 Jahren!!! -, dass ich mit meiner Situation nicht alleine bin. Die Kernaussagen des Artikels sind:

1. Motorisch unbeholfene Kinder und Jugendliche machen im Sportunterricht früher wie heute demütigende Erfahrungen. Sie fühlen sich etwa in Spielteams unerwünscht oder werden beim Vorturnen ausgelacht.

2. Statt Bewegungsfreude zu entwickeln, zementiert sich dadurch die Überzeugung, unsportlich zu sein. Als Erwachsene neigen Betroffene zu einer bewegungsarmen Lebensweise und negativen Einstellungen zu Sport.

3. Für das Ziel, sportschwächere Kinder an Bewegung heranzuführen, erweist sich ein an Wettbewerb und Leistung orientierter Unterricht als kontraproduktiv.

Quelle: https://www.spektrum.de/magazin/trauma-schulsport-was-im-sportunterricht-schief-laeuft/2037262

Auch die Journalismus-Plattform „Krautreporter“ hat die Frage gestellt: „Warum ist Schulsport so demütigend?“ Tausende Leser:innen haben erzählt, wie sie im Sportunterricht erniedrigt und verletzt wurden. Allein der Fakt, dass über 6.000 Antworten eingetrudelt sind – ein Rekord! – zeigt, wie schmerzhaft die Erfahrungen durchwegs sind. Die Analyse des Autors zeigt: Das liegt auch an den Lehrer:innen.


Was läuft schief im Schulsport?

Was also läuft schief im Schulsport? Aus verschiedenen Quellen und eigenen Erfahrungen habe ich folgende Fakten zusammengetragen.

  • Leistungsdenken:
    Gerade in Gymnasien sind Lehrpersonen tätig, die im eigenen Studium eher den Leistungsgedanken und weniger Pädagogik erfahren haben. Sie haben selbst den Leistungsanforderungen im Studium entsprochen und kommen teilweise mit einem „Trainer-Verständnis“ an die Schule. Das Leistungsdenken geben sie – teils unbewusst – an ihre Schülerinnen und Schüler weiter.
  • Mangelndes Einfühlungsvermögen:
    Mit ihrer Leistungsbereitschaft und -fähigkeit waren Lehrende im Studium in ihrer „eigenen Blase“ unterwegs. Manche können sie sich eventuell gar nicht vorstellen, dass es überhaupt Kinder und Jugendliche gibt, die diesen Leistungsgedanken nicht verkörpern wollen/können. Oder dass es Leute gibt, die Sport einfach nicht mögen!
  • Wettbewerbs- und Konkurrenzdenken:
    Gerade mein autistischer Sohn ist in Wettbewerbssituationen schnell außen vor – und zwar sowohl, wenn sich die Kinder und Jugendlichen individuell messen sollten, wie auch im Mannschaftssport, wenn zwei Teams gegeneinander antreten. Meine Idee, doch mehr kooperative Bewegungsformen anzubieten, wurde mit dem Argument entkräftet: „Die Jugendlichen wollen sich aber messen.“ Ja? Tun sie das wirklich?

Das könnte helfen, damit der Schulsport wirklich die Freude an der Bewegung fördert

Oft wird die tägliche Sportstunde gefordert. Dafür gibt es viele Befürworter:innen. Für andere wieder ist das der blanke Horror. Aber so könnte der Schulsportunterricht seiner eigentlichen Aufgabe viel eher annähern:

Keine Benotung:

Ganz ehrlich – WARUM gibt es eine Note im Sportunterricht? Wohl aufgrund des Leistungsgedankens. Aber um Freude an der Bewegung zu fördern, braucht es keine Noten! Ganz im Gegenteil! Sie kann sogar kontraproduktiv sein! Warum reicht nicht auch ein „teilgenommen“ im Zeugnis?

Pädagogische Freiheit nutzen:

Meist werden ohnehin nur die Noten 1 bis maximal 3 vergeben. Genau aus dem Grund, sportlich weniger begabte nicht durch schlechte Noten zusätzlich zu demotivieren. Und es könnte ja durchaus nicht die Leistung, sondern das Bemühen, die Fairness oder die Empathie beurteilt werden, wenn’s denn schon unbedingt eine Zahl im Zeugnis braucht. Diesen Spielraum haben die Lehrenden – und diesen Spielraum sollten sie auch tatsächlich nutzen.

Stärken der Schülerinnen und Schüler sehen und fördern:

Ein Schüler/eine Schülerin ist motorisch unbeholfen und tut sich in Gruppe schwer, hat aber einen guten Blick und ein gutes Verständnis für Regeln und Fairness. Wunderbar! Wir haben einen Schiedsrichter! (Wer’s wiedererkennt: ich beschreibe hier mein autistisches Kind …)

Individuelle/kooperative Bewegung versus wettbewerbsorientierten „Sport“:

Sport schreit förmlich danach, sich zu messen. Sieht man Sport im Fernsehen, dann ist das Wettbewerb. Aber es gibt so viele andere Bewegungsmöglichkeiten, die ganz ohne Gewinner:innen und Verlierer:innen auskommen! Zum Bespiel: Jogging, wo’s eben nicht darum geht, wer der/die Schnellste ist; Yoga für mehr Flexibilität und Beweglichkeit; Klettern, bei dem es einfach nur um ein individuelles „Geschafft-Gefühl“ geht (bei dem ev. die sichernde Person auch etwas nachhelfen kann); Tanzen und Erarbeiten einer Choreographie (da habe mal einen wunderbaren Beitrag gesehen, wie hier auch Inklusion gelebt werden kann! Denn die Gast-Tanzlehrerin saß im Rollstuhl!) Motorikfördernde Bewegung, Radfahren, Wandern, und so weiter und so fort.

Verschiedene Bewegungsangebote:

Statt eine spezielle Sportart zu perfektionieren, sollten verschiedene Bewegungs- und Sportarten „zum Schnuppern“ und Kennenlernen angeboten werden. Nicht nur Fußball & Co, sondern auch Nischen-Sportarten und Bewegungsprogramme. Wer weiß, vielleicht findet die eine oder andere Bewegungsart einen neuen Fan!

Trends mit aufnehmen:

Auch aktuelle Trends könnten helfen: Streetdance zum Beispiel. Oder irgendwas, das Influencer*innen und YouTuber*innen jeweils gerade auf den verschiedenen Kanälen hypen.

Alltagstaugliche Bewegung fördern:

Nicht nur Sportarten forcieren, für die ich einen Sportverein brauche. Auch alltagstaugliche Bewegung könnte- und sollte! – Teil des schulischen Bewegungsangebots werden: Wandern, Nordic Walking, Radfahren und ähnliches.

Wertfreie Teamzusammensetzung:

Vielen ist – wie auch mir – das Wählen von Teams immer ein Gräuel. Nur die Supersportlichen werden gerne und als erste aufgerufen. Dabei könnte man auch nicht wertende Teamzusammenstellungen erreichen. Zum Beispiel indem Zettel gezogen werden. Oder in einer zufälligen Aufstellung mit 1 und 2 durchgezählt wird. Alle Einser bilden ein Team und alle Zweier das andere.

Last but not least: Bewegung nicht nur auf den Sportunterricht reduzieren:

Bewegung sollte nicht nur im Turnsaal stattfinden. Auch in anderen Fächern ist Bewegung förderlich. Und auch der Schulweg sollte nicht im Elterntaxi stattfinden – damit wäre schon viel Bewegung erreicht.


Fallen euch noch weiter Möglichkeiten ein, wie statt Leistungsdruck und Versagensängste mehr Leichtigkeit und Freude an der Bewegung erzielt werden kann?
Dann bitte unbedingt kommentieren!
DANKE!


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Psst! Ich habe mittlerweile meine Sportarten gefunden: Mutti vs. innerer Schweinehund: Bauchtanz und EMS
Auch Yoga wird immer wichtiger – gerade im fortschreitenden Alter! Wir werden nämlich ganz bestimmt nicht flexibler, je älter wir werden – ganz im Gegenteil. Und da wirken vier Durchgänge Sonnengruß gleich nach dem Aufstehen wirklich Wunder! Dieses Ritual hätte ich schon viel früher in meinen Alltag integrieren sollen! Aber man wird ja bekanntlich erst dann schlau, wenn der Körper bereits lauthals mit Schmerzen ruft!


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Birgit

Hier plaudert Birgit, alias Mutti, 40+, seit 2009 aus dem Nähkästchen: Authentizitäts-Freak, selbstbewusst grauhaarig, kreativ angehaucht, völlig unperfekte Mutter. Familienblog aus dem Leben mit zwei Jungs - Mutter allein unter Männern. Mehr über Muttis Nähkästchen: About. Nix verpassen? Folgt mir via Social Media oder Newsletter.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Danke, dass ihr das aufgreift und die ideen was man alles ausser fussball und völkerball noch machen kann finde ich super, ebenso der vorschlag beim teams auswählen!

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